Gespräche

Auszug aus einem Dialog in einem sozialen Netzwerk. Meine Antwort.

Ich zitiere Sie noch mal: "Es sind nicht Flüchtlinge, die zu uns kommen, sondern Sozialschmarotzer und islamische Invasoren." <- Bedeutet: Sie verbinden den Status Flüchtling pauschal mit den abwertenden Kategorien Sozialschmarotzer und islamische Invasoren. Keine Differenzierung, sondern pauschalisierende Abwertung einer real eben nicht homogenen Gruppe. Das nenne ich Rassismus.

Gleichzeitig deuten Sie den Status "Flüchtling" um in "Invasor". Das ist ein beliebtes Stilmittel billigster politischer Propaganda und ist, in Verbindung mit einer als homogen gesetzten nicht homogenen Gruppe und einer ebensolchen angenommenen Glaubensrichtung, zutiefst rassistisch. Der abwertende Begriff "Sozialschmarotzer" wird bei uns üblicherweise zur Diskriminierung von Menschen verwandt, die von staatlicher Seite, mit Rechtsanspruch, unterstützt werden. Auch hier wird einer nicht homogenen Gruppe eine Homogenität unterstellt und diese dann mit negativen Wertungen kausal in Zusammenhang gebracht. Ist Rassismus.

"Wann begreift Ihr es endlich??!!" <- Wer ist "ihr" und wer ist dann "wir"?  Dazu gibt es eigentlich nichts zu erklären, denn das ist, mittlerweile bekannt genug, ein faktisches Merkmal von imaginierter Gruppenbildung, mit dazugehöriger negativer Abgrenzungen, zur Aufwertung der eigenen defizitären Persönlichkeit.

Es gäbe da im Ganzen sicher noch mehr herauszulesen. Aber das langt erstmal.

Die Mühe der Erklärung mache ich mir übrigens nicht für Sie, sondern für die MitleserInnen :-)

Neonazis und Gewalt gegen Kinder

Das.ist.so.wichtig.zu.verstehen!

Es ist grundlegend, weil mit einem bestimmten Welt- und Menschenbild eben auch ein bestimmtes Bild vom Kind einhergeht. Und das ist nur die Spitze des Eisberges, der da bisher angekratzt wurde. Darüber könnte ich jetzt stundenlang referieren. Aber seht und denkt selbst ->

Keine Freunde

Ich wiederhole es gerne und immer wieder:

Rassisten, Nazis und Menschenrechtsverächter können nicht deine Freunde sein, selbst wenn sie zeitweise vermeintlich als Feinde deines Feindes daher kommen.

Warum? Darum: Wen sie sich gerade als Feindbild auserkoren, unterliegt der völligen Willkür und, ganz pragmatisch, dem zufällig gerade vorhandenen Angebot an potentiellen Zielscheiben für ihren Hass, ihren Sadismus und ihren pathologischen Größenwahn.

Schon bei der nächsten Umdrehung der Zeitschleife könntest du das sein.

Eure Freundschaft, so es sie denn gäbe, wäre kein Grund, dich nicht durchs propagandistische Dorf zu jagen und dem Schlächter mitleidslos vor die Füße zu werfen.

So einfach ist das. 

Spät

Jetzt hat das polnische Institut für Nationales Gedenken (IPN) eine Datenbank online gestellt, in der die Namen von 8502 Deutschen erfasst sind, die zwischen 1940 und 1945 im größten aller Konzentrationslager (Auschwitz) tätig waren.

Besser zu spät als nie. Es bleibt jedoch die Frage meiner Generation (56 geboren) an die Vorderen:

"Warum habt ihr das alles so lange todgeschwiegen? Wir haben doch gespürt, dass da etwas war. Doch ihr habt geschwiegen, seid unseren Fragen ausgewichen. Und viel schlimmer, ihr habt uns mit den Tätern aufwachsen lassen. Sie waren unsere Ärzte, Lehrer, Heimleiter, Richter und mehr."

Es geht nicht um Schuld, es ging und geht um Verantwortung. Für damals, für jetzt, für die Zukunft.

Widerlich.

Gerade habe ich ein Bild gesehen, (das ich hier nicht teilen, sondern nur beschreiben werde) das meine Grenzen mit brachialer Gewalt überrollt. Veröffentlicht wurde es auf Fb:

Eine absolut ausgemergelte, verhungerte junge Frau (ihr kennt die Bilder von den KZ Befreiungen), nackt, stehend, mit einer (per Bildbearbeitung hinzugefügten) Schärpe um den Körper auf der steht: Miss Auschwitz 1943.

Text zum Bild: „…und hier noch ein Knaller zum Wochenende.“

Kommentare drunter: „… damals hatten die Mädels wenigstens noch Linie“, „und Anstand“, „… und gaben sich auch mit wenig zufrieden“, ergänzt durch lachende Smileys, hochgereckten Daumen.

Es gibt keine Worte, die ich hier schreiben könnte, weil sie alle viel zu schwach sind, um auch nur annähernd auszudrücken, was ich gerade empfinde.

Ich verstehe immer besser, wie Hass in einem entstehen kann.


*Nachtrag

Der Beitrag mit Foto wurde inzwischen von Fb gelöscht. Anzeigen wurden erstattet. 

Deutschland – eine Diktatur?

Anmerkung an all diejenigen, die meinen, mir den Kopf voll schwafeln zu müssen von wegen wir hätten hier in Deutschland eine Diktatur: Ich war in Griechenland zur Zeit der Diktatur; ich habe im Iran gelebt, als die Pasdaran noch ausschließlich die Straßen beherrschten; ich war in der Türkei, als die Kurdenverfolgung einen ihrer Höhepunkte hatte; ich war in Portugal und Spanien und ich habe damals die Überlebenden aus Chile kennengelernt … und, und, und. Erzählt mir also nix über Diktatur. Ihr habt nicht mal einen Hauch von Ahnung, was das wirklich bedeutet. Ihr könnt es euch in euren schlimmsten Albträumen nicht mal im Ansatz vorstellen.
Ja, es läuft eine Menge schief und quer in diesem, meinem Land, eine ganze Menge, aber! von einer Diktatur sind wir meilenmeilenweit entfernt. Und weil das so ist, kommt mir doch der schräge Gedanke, dass ihr, die ihr so widerwärtig und sinnentleert schreit und hetzt, euch ganz tief innerlich sehnt nach einem verklärten Etwas, das, würde es denn hier um euch drum herum existieren, euch von jetzt auf gleich den Boden unter den Füßen und jedwede Existenzgrundlage entziehen würde. Ihr wäret die ersten, die in einer Diktatur elendig verrecken würdet. Oder, oder ihr würdet zu besinnungslosen Handreichern und Speichelleckern der diktatorischen Gewalt und des Staatsterrorismus werden. Aber auch das würde ja bedeuten, dass ihr innerlich schon längst tot wäret.

Also, lasst es einfach sein mit eurem Gehetze und eurem irrealen Gejammer. Und wenn ihr, aus welchen pathologischen Gründen auch immer, damit nicht aufhören könnt, seid wenigstens ein klein wenig dankbar dafür, dass ihr in einem Land lebt, in dem ihr euren Hass und Wahn ohne gravierende Folgen für Leib und Seele laut hinaus rotzen dürft. Mein Land hält dies, wenn auch völlig abgenervt, aus und ich letztendlich auch. Weil wir eben nicht in einer Diktatur leben.

Adorno again

"Nicht die Verhetzten muss die Politik gewinnen, sondern jene, die das "große Unbehagen" empfinden, ohne deswegen schon den Anstand verloren zu haben."

Ja, so sehe ich das auch. Für mich bedeutet das, im eigenen Umfeld, mit dem eigenen Sagen und Tun immer wieder eine Bresche schlagen in die Verführungen von Hass und dumpfbackener Gewalt und zeigen, dass Mitgefühl und Solidarität, Zusammenhalt und wohlwollender Umgang mit sich und allen Menschen Alternativen sind, die einem selbst und anderen gut tun. Durch das eigene Leben Spuren legen, denen man folgen können könnte. So wie man es mit Kindern macht. Man lebt das vor, was man an Haltung und Einstellungen wünscht. Und ja, da darf man auch mal fehl gehen, da darf man Fehler machen und ab und an auch in die Scheiße greifen. Und man darf sich lachend lernend draus dann auch vergeben. Menschlichkeit zeigen, wieder und wieder und wieder, dann hat das Mitmenschliche eine echte Chance.

Zum Artikel: Ja, es lohnt sich, sich mit den Themenfeldern des "Autoritären Charakters" intensiver auseinanderzusetzen.