"Der Winter kommt. Die Flüchtlinge, die jetzt schon unterwegs sind, werden erfrieren, verhungern oder sonstwie elendig unterwegs verrecken. Daran ändert auch euer verlogenes Geschwätz, euer scheinheilig lahmarschiger Aktionismus mit Worten nichts. Es wäre ehrlicher, wenn ihr euch selbst an die Grenzen stellen und sie direkt, face to face, erschießen würdet. Doch dazu seid ihr zu feige. Dann müsstet ihr nämlich Verantwortung für euer Tun und Nichttun übernehmen und mit den Konsequenzen weiter leben."


Ja, so könnte man das auch sehen.

Wir müssen was tun!

„Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen!“

„Indem wir Waffen liefern? Nationale Wirtschaftssysteme in den Boden stampfen, damit wir auch noch aus unserem überproduzierten Dreck Gewinn schöpfen können?“

„Wir müssen dann eben die Flut der Asylsuchenden eindämmen!“

„Und wie bitte? Mach mal konkrete Vorschläge. Vielleicht indem wir eine Mauer hoch ziehen und Minenfelder anlegen? Schießbefehl?“

„Wir müssen die, die keine politisch Verfolgten sind so abschrecken, dass sie  überhaupt nicht hierher kommen wollen!“

„Und wie willst du das machen? Indem wir Asylunterkünfte abfackeln? Sie im Winter erfrieren lassen oder, noch besser, wir geben ihnen nix mehr zum Essen und zum Anziehen. Und die Bilder und Filme der dann elendig Verreckenden zeigen wir auf der ganzen Welt. Das wirkt dann bestimmt abschreckend. Wir könnten auch das Sozialsystem ganz auflösen oder mal für ein, zwei Generationen aussetzen. Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen quasi. Kollateralschäden eben. Wir könnten uns auch alle Mühe geben, einfach noch schrecklicher, inhumaner, mörderischer als die Herkunftsländer zu werden. Krieg käme da auch ganz gut, oder?“

„Aber, aber, wir, wir müssen doch was tun!“

„Ja, das sehe ich auch so. Du müsstest mal was tun. Ein bisschen mehr Gelassenheit wäre eine wichtige Zutat. Du könntest dir mal angucken, wo deine Ängste ihr Wurzeln haben. Du könntest dir mal überlegen, wer an den Fluchtursachen so sein Mütchen kühlt und seine Taschen füllt. Du könntest dir glatt mal die Mühe machen und schauen, wer sich gerade an deiner Wut bereichert und sich Pöstchen und Status dadurch sichert. Du könntest endlich mal den Mut aufbringen in den Spiegeln zu schauen und dich zu fragen, wem du ähnlicher bist, den Flüchtlingen oder den Schmarotzern der Hochfinanz, den Wirtschaftsbossen und den Kriegsgewinnlern. Du könntest mal ehrlich zu dir sein, ich mein so richtig ehrlich, und dich dann aufmachen und dir die Verbündeten suchen, die dich nicht ausnutzen, verarschen und verheizen. Huch, es könnte sein, dass du dann auf mich triffst und, ein Doppelhuch, vielleicht sogar auf diejenigen, die du gerade so verhasst anpöbelst und bekämpfst. Ja, nur Mut, es gibt eine Menge zu tun!“  

Gebabbel

Was ich nicht kapiere: Da geben sich Politiker jedweder Couleur die Studiotüren in die Hand und palavern ausufernd darüber, wie man die vermeintlich bedrohliche Flüchtlingsflut handhaben, begrenzen, umleiten, verteilen könnte. Sie überschlagen sich mit irrsinnigen Vorschlägen wie Grenzen dicht, Asylgesetz aushöhlen oder ganz abschaffen, noch mehr Bürokratie, und, und, und. Keiner von denen legt jedoch ein klares Aktionsprogramm auf den Tisch, wie man die Fluchtursachen bekämpfen und nachhaltig abstellen kann. Dieser ganze Komplex wird einfach ausgeblendet oder, wenn denn dann, beiläufig in ein, zwei Sätzchen abgehandelt. Wenn es uns wirklich so lebensbedrohend schrecklich ginge, wie die das in den ganzen Politshows herbeizureden versuchen, dann wären radikale Maßnahmen gegen die Fluchtursachen doch das Gebot der Stunde, oder? Und jetzt erzähl mir doch keiner, die wüssten nicht ganz genau, worum es geht. Das ist so verlogen und unverschämt ignorant und taktierend fürs eigene Süppchen, dass ich keinen von denen mehr ernst nehmen kann. Keinen.

Prävention

Es wäre übrigens eine wunderbare Präventionsmaßnahme in Bezug auf die rechten Rattenfänger gewesen, wenn der Bundestag die Sanktionen bei Hartz IV in die Tonne gekloppt hätte. Hätten sie auch gerne unter dem Motto: "Wenn wir das gemeinsam stemmen mit den Flüchtlingen, dann habt ihr auch eine Belohnung verdient." verkaufen können. Hätte ich nicht dran rum gemäkelt.

Instrumentalisierung

Die besorgten Bürger lassen sich von den Nazis instrumentalisieren. Weil es einfacher ist nach Unten zu treten als gegen Oben zu kämpfen. Für das Erste brauchst nur ein bisschen schreien und pöbeln, für das Zweite musst Eier in der Hose haben, sprich Zivilcourage. Hätten sie diese, dann würde es bei uns anders aussehen.

Stellvertreter Empörung

Ich habe bisher nicht erlebt, dass Hundertausende besorgte deutsche Bürgerinnen und Bürger auf die Straße gegangen sind für mehr bezahlbaren Wohnraum, sichere und höhere Altersversorgung, für ein gerechtes Gesundheitssystem, für sanktionsfreies Hartz IV, für ein sinnvolleres Bildungssystem, für sichere und fair bezahlte Arbeitsplätze. Solange es da keine "Bewegung" gibt im Land, wenn es um die ureigenen Interessen geht, solange unterstelle ich den Nörglern und Schreiern und Hassern gegen Flüchtlinge eine Stellvertreter Empörung, die die eigenen Unzulänglichkeiten und inneren verquasten seelischen Zustände kaschieren und zupflastern soll.

Wir haben ein Problem

Wir haben kein Flüchtlings"problem", 
sondern wir haben ein Problem 
mit Gier, Macht, Markt und Kriegstreiberei.

Menschenrechte

So einfach: Menschenrechte muss man sich nicht verdienen.

Menschenrechte kann man sich weder durch "Bravsein" erschleichen noch sie durch Unrechtsverhalten verwirken.

Für die Gewährung derselben muss auch niemand vor Dankbarkeit zu Kreuze kriechen.

Menschenrechte gelten ohne Wenn und Aber. Und das ist gut so!

Zahlenfluten

Weil ich es gerade so mit Zahlen hab: Seit 2008 haben wir ca. 200irgendwas Milliarden Euro für die Bankenrettung ausgegeben. Und scheißen uns jetzt in die Hosen wegen 6 Milliarden für die Flüchtlinge. Mir sind deppert, oder? Oder schlecht in Mathe.

Die Zahl der Einwohner von Deutschland betrug am 31. Dezember 2014 auf Grundlage des Zensus 2011 rund 81,2 Millionen. In den heut morgigen Headlines der Zeitungen wird mit angehaltenem Atem die Schreckenszahl von zu erwartenden 1,5 Millionen Flüchtigen gehaucht. Auch wenn ich vor dem ersten Kaffee mit so viele Nullen nicht rechnen kann, so sagt mir mein Auge: Eine Überschwemmung oder Flut zieht doch irgendwie anders aus.

1.4 Millionen Menschen haben an den Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag in Frankfurt teilgenommen. Ah, jetzt habe ich ein Bild von der erschröcklichen „Flut“ im Kopf.

Ich glaube übrigens wirklich, dass die Kommunen überfordert sind. Die ganze Bürokratie, das verwirrende Zettelwesen. Der eingefleischte Bürokrat kommt da an seine Grenzen. Ohne Frage.

Im Stadtkern, ohne die Vorstadtregionen, leben in Shanghai offiziell 22 Millionen Menschen. 1,5 oder gar 2 Millionen Menschen kommen mir da immer noch nicht wie eine Flut vor.

Gemeinsam

Eigentlich müsste doch zumindest jeder Minijobber, jeder Leiharbeiter, jeder HartzIV Empfänger begeistert an der Grenze stehen und solidarisch den Flüchtlingen die Hände reichen. Immerhin kommen da auch Leute an, die zum Teil gegen genau die gekämpft haben, die für ihren Profit und ihre Gier auch in unserem Land über jedwede MitMenschlichkeit kaltschnäuzig lächelnd hinweglatschen. Ein Schulterschluss würde wirklich Sinn machen, da ist eine Menge Erfahrung, auf beiden Seiten, die man in den kommenden Arbeits- und Sozialkämpfen prima gemeinsam nutzen könnte. Aber ne, man lässt sich weiter auseinander dividieren. Wer davon wohl profitiert? Und die Politiker schwatzen von Dankbarkeit und Ankommenskultur. Jesses, was für eine Verarschung.

Dankbarkeit

Du willst meine Dankbarkeit
Für die bröseligen Almosen
Die du mir gnädig hinwirfst
Dabei vergessend
Das deine satte Behäbigkeit
Ihre nährenden Wurzeln
In meinem Leiden haben
Du nennst mich anmaßend
Wenn ich an deine Tür klopfe
Unseren Reichtum zu teilen
Findest du empörend
Du hast noch lange nicht verstanden
Ein Du und Ich gab es nie
Nur ein gedemütigtes Wir
Meine Dankbarkeit
Wirst du nicht bekommen
Doch meine Hand
Die reich ich dir

Blickwechsel

Wenn ich allen hier ankommenden Menschen pauschal unterstelle, sie kämen nur um „abzusahnen“, sich auf die faule Haut zu legen und in der bequemen sozialen Hängematte zu dösen, dann sagt dies sehr viel mehr über meine innere Haltung, meine inneren Wahrnehmungsfilter und Wertigkeiten in Bezug auf unsere Gesellschaft aus, denn über diese Menschen. Könnte es aber nicht auch sein, dass viele dieser Menschen unbedingt in unser Land wollen, weil sie hier Demokratie vermuten, rechtgesicherte Räume, Frieden, Meinungs-, Informations- und Wahlfreiheit, Toleranz fürs AndersSein und die realen Möglichkeiten mit eigener Hände Arbeit sich ein menschenwürdiges Leben nach eigenem Gusto aufbauen zu können? Wenn dies so wäre, dann wären sie natürlich eine Art Konkurrenz und es läge politischer Sprengstoff in ihrer Anwesenheit. Man muss mutig und kämpferisch, kreativ und flexibel sein, mit einem außerordentlichen Überlebenswillen begabt um diese Reisen und Fluchten anzugehen und durchzustehen. Verzweiflung allein reicht da nicht aus. Nicht das schlechteste Potential für eine lebendige Demokratie und natürlich brandgefährlich. Vielleicht werden sie deshalb so hartnäckig in die Schmarotzer und religiöse Fanatiker Ecke herbeiredend abgeschoben. Wer mag da wohl ein Interesse dran haben?