Ich halte es für falsch, Mitglieder/Mitläufer von Pegida,
AfD, Neue Rechte und andere dieser Szene als „dumm“ zu bezeichnen. Das klingt
so nach Ablassmöglichkeit und verrät, wenn man den Begriff denn zu benutzen
müssen meint, all diejenigen, die trotz mancher Schwerfälligkeit im
Auffassungsvermögen voller Herzensgüte und Mitgefühl sind und dementsprechend
leben und handeln. Ne, das ist total schief. Der Begriff „Dummheit“ hat in
diesem ganzen Diskurs (in welchem Diskurs denn überhaupt?) für mich so gar
keinen Platz.
Puzzleteil
Was bieten Fundamentalisten jedweder
Couleur jungen Menschen an: Ein klar
strukturiertes, einfaches Weltbild, indem Gut und Böse eindeutig zu
identifizieren sind und der einzelne Mensch sich leicht dem Guten zuordnen
kann. Dies beinhaltet auch eine klare gemeinsame Zielsetzung (das jeweilig als
solches definierte Böse zu bekämpfen, in sich und im Außen) und dieses wiederum
bedeutet Hoffnung (das Gute wird siegen). Durch diese banale Kette entsteht
sowohl Lebenssinn, als auch ein Zusammen- und (Da)Zugehörigkeitsgefühl. Wenn
dann noch hinzukommt, dass die Gruppe sich um den Einzelnen intensiv kümmert, ihn
bei Alltagsproblemen unterstützt, mit ihm trauert und feiert, einzelne Ansprechpartner
immer greifbar sind, erzeugt dies ein subjektives Wohlbefinden und das Gefühl
des bestätigten aufgehoben Seins. Ausgesprochen verführerisch, wenn die bisherige
eigene reale Lebensgeschichte durch soziale Kälte, Ausgeschlossen Sein,
Hoffnungslosigkeit, mangelnde Zukunftsperspektiven, Sinnlosigkeit und tiefer,
leidvoller Sehnsucht nach einem anderen Leben geprägt ist. Die Zugehörigkeit zu
einer wirtschaftlichen Schicht spielt dabei sicher eine Rolle, aber eben nicht eine
ausschließliche. Wenn wir diese Mechanismen nicht verstehen lernen, dann werden
die Menschenfänger, mit welchem eindimensionalen Weltbild auch immer, ein leichtes Spiel haben. Jetzt und in
Zukunft.
Kriegshetzer
All den Pupser, die mir jetzt seit Tagen ihr dröhnendes
"Wir sind im Krieg!" um die Uhren knallen, würde ich gerne eine Woche
all inclusive in einem der aktuellen Kriegsgebiete spendieren.
Engagement
Eigentlich müssten Rentnerverbände, Obdachlosenhilfen, Alleinerziehenden
Vereine, Kinderhilfswerke, Arbeitslosen Initiativen,
Soziale Hilfswerke überhaupt, etc. doch einen riesen Zulauf an aktiven Unterstützern
haben. Wieso haben die neuen engagierten besorgten BürgerInnen eigentlich noch
Zeit montags spazieren zu gehen?
Haltung
Weil immer wieder in Diskussionen unterstellt wird, dass
der Rassismus Begriff immer nur einseitig aus der linken Ecke gegen die rechte
benutzt wird: Sorry, von mir nicht. Ich mache da keinen Eckenunterschied und in
eine bestimmte Ecke lass ich mich auch nicht hinein schubsen. Eine Aussage wie
"Alle Flüchtlinge sind lieb und nett." ist genauso rassistisch wie
"Alle Flüchtlinge sind Moslems" oder "Alle Pegida Anhänger sind
dumm." oder "Alle Männer sind Schweine." Es geht dabei immer um
die Zuschreibung einer Eigenschaft ohne Differenzierung an alle Angehörigen
einer bestimmten Gruppe nur aus dem einzigen Grund, dass sie dieser Gruppe
angehören oder als angehörig gesetzt werden. Das ist der Unsinn und eben
rassistisch. Und nein, ich bin dagegen persönlich nicht gefeit, weil es eben so
schrecklich einfach ist zu vereinfachen und es manchmal der wütenden sich
hilflos fühlenden Seele so gut tut mal ungerecht und unfair zu sein. Besonders
wenn es hoch emotional zugeht. Aber, ich bemühe mich darum es zu bemerken oder
wenn mich jemand darauf hinweist, es einzusehen, bei mir nachzuforschen und
noch mehr aufzupassen nicht in diese Falle zu tapsen. Das macht den Unterschied
in der prinzipiellen Haltung.
Rassismus Erfahrungen
Paul Mecheril hat folgende subjektiven Bedeutungen von
Rassismuserfahrungen aufgelistet:
"Erfahrung von Gewalt
Erfahrung von Geringschätzung
Erfahrung, bedroht zu sein
Erfahrung von Angst und Furcht
Erfahrung von Ohnmacht
Erfahrung von Hilflosigkeit
Erfahrung, daß über mich verfügt wird
Erfahrung von Fremdbestimmtheit
Erfahrung, daß ich als jemand angesehen werde, als die
oder der ich nicht angesehen werden möchte
Erfahrung, daß ich keine Möglichkeit habe, mich gegen
zugeschriebene Bilder dauerhaft wirkungsvoll zur Wehr zu setzen
Erfahrung, daß mir Möglichkeiten verwehrt werden
Erfahrung, daß ich benachteiligt werde
Erfahrung, daß meine Benachteiligung für andere selbstverständlich,
sogar natürlich ist
Erfahrung, nicht anerkannt zu sein
Erfahrung, unerwünscht zu sein
Erfahrung, nicht zugehörig zu sein
Erfahrung, dass ich nie erwünscht sein werde
Erfahrung, ständig auf der Hut sein zu müssen
Erfahrung, niemandem auf der Straße ohne weiteres
vertrauen zu können (mit Ausnahme der ebenfalls potentiell Gefährdeten)
Erfahrung, daß die eigene Zukunft, aber auch die Zukunft
nahe stehender Menschen und hier vielleicht insbesondere die der eigenen Kinder
bedroht und ungewiß ist
Erfahrung, anders behandelt zu werden und anders zu sein
Erfahrung, von anderen (als) unnormal behandelt zu werden
und im Zuge dessen auch unnormal zu sein
Erfahrung, als minderwertig behandelt zu werden und im
Zuge dessen auch minderwertig zu sein (denn manche, die die Erfahrung machen,
‚nicht-deutsch' auszusehen, geraten in den Strudel dessen, daß ‚
nicht-deutsches-Aussehen' in der deutschen Gesellschaft als Symbol von
Minderwertigkeit gehandelt wird)
Erfahrung, auf das äußere Erscheinungsbild reduziert zu
werden
Erfahrung, nicht als der oder die erkannt zu werden, als
der oder die ich mich kenne“
(Prof. Dr. phil. Paul Mecheril 1995, S. 165)
Was ist Rassismus
"Der Rassismus ist die verallgemeinerte und
verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Nutzen des
Anklägers und zum Schaden seines Opfers, mit der seine Privilegien oder seine
Aggressionen gerechtfertigt werden sollen."
„Rassismus dient der Aufwertung der eigenen Gruppe und
der Stabilisierung des eigenen Selbstgefühls und nimmt in diesem Sinn eine
Abwertung und Ausgrenzung anderer Menschen vor.“
„Rassismus behandelt Menschen nicht als Individuen,
sondern als Angehörige einer Gruppe – und unterstellt, dass sich aus dieser
Gruppenzugehörigkeit unveränderliche Eigenschaften, Fähigkeiten oder
Charakterzüge ableiten. Dabei wird die eigene Gruppe meist als höherwertig
begriffen.“
„Moderne Rechtsextreme versuchen, ihren Rassismus nicht
mehr biologistisch, sondern kulturalistisch zu begründen. Statt von
"Rasse", sprechen sie lieber von "Volk", "Ethnie"
oder "Nation". Sie behaupten, verschiedene Völker hätten
unterschiedliche Kulturen entwickelt, die strikt getrennt voneinander und im
Innern sauber von fremden Einflüssen gehalten werden müssten.“
„Rassismus ist die bewusste und unbewusste
Hierarchisierung und Diskriminierung von Menschen auf Basis konstruierter
Differenzen äußerlicher und/oder kultureller Art, die mit einer Aufteilung der
Gesellschaft in die dazu gehörenden ("wir") und die nicht dazu
gehörenden ("ihr") einhergeht. Die zugeschriebenen physiognomischen
und/oder kulturellen Differenzierungen werden mit positiven ("wir")
oder negativen ("ihr") Merkmalen (Charakter, Moralität,
Vernunftbegabung, etc. …) verknüpft.“
„Der Rassismus ist die verallgemeinerte und
verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Nutzen des
Anklägers und zum Schaden seines Opfers, mit der seine Privilegien oder seine
Aggressionen gerechtfertigt werden sollen.“
„Rassismus ist die Konstruktion von Differenzen
äußerlicher und/oder kultureller Art, die mit einer Dichotomie der Gesellschaft
in die, die dazu gehören ("wir"), und die, die nicht dazu gehören
("ihr"), einhergeht. Die physiognomischen und/oder kulturellen Differenzierungen
werden mit positiven ("wir") oder negativen ("ihr")
Merkmalen (Charakter, Moralität, Vernunftbegabung ...) verknüpft. Die
bestehenden Machtverhältnisse (Mehrheitsverhältnisse, Gesetzgebung, Geld,
Staatsgewalt, Zugang zu Medien ...) setzen die Etablierung eines gesellschaftlichen
"Wissens" um diese Differenzen und Zuschreibungen durch und
ermöglichen damit Ausgrenzung und Unterdrückung gegenüber den als
nicht-dazugehörig Definierten. Gleichzeitig kann Rassismus als Rechtfertigung
bestehender Verhältnisse von gesellschaftlicher Ungleichheit und als
Legitimation von Herrschaft und Unterwerfung dienen. Die gesellschaftliche,
strukturelle Verankerung dieser Gewalt- und Entmenschlichungspraxen verweist
auf Rassismus als Phänomen der Mitte der Gesellschaft, das zwar in Handlungen
einzelner Individuen zum Ausdruck kommen kann, ohne die gesellschaftliche
Verankerung aber nicht erklärbar ist. Rassismus unterliegt unterschiedlichen
historischen und gesellschaftlichen Entwicklungen und manifestiert sich
dementsprechend in differenten gesellschaftlichen Praxen, so dass sinnvoller
Weise von Rassismen gesprochen wird.“
Lösungen
Chancenlosigkeit, Ausgrenzung, Diskriminierung, Armut, Perspektivlosigkeit,
Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, schon als Kind erlebte Gewalt, miserable Bildung
sind die wesentlichen Voraussetzungen, auf denen Fanatismus, Fundamentalismus
und Terrorismus jedweder Couleur wachsen und gedeihen. Wenn dem so ist, dann –
aufgepasst! - was wären denn dann die notwendigen
ersten Maßnahmen, um dem Dreigestirn der Gewalt den fruchtbaren Boden zu
entziehen? Na, na, na? Denk nach! … … … Ach, gucke mal da.
Paris, November 2015
Sprachlos, hilflos, wütend.
Als mich die ersten Freunde heute Nacht darauf hinwiesen,
dass die rechten Rattenfänger das Schreckliche für sich instrumentalisieren
werden, dachte ich noch: Ne, so dummdreist und menschenverachtend kann niemand
sein. Boah, ich werde gerade eines Besseren belehrt. Die Kommentare unter allen
Threads zu Paris werden immer widerlicher und ekelhafter und hasserfüllter.
„Glaubt Ihr
wirklich, der IS schickt seine Attentäter mit nem maroden Schlauchboot übers
Mittelmeer? Ihr habt ja einen Knall. Die Menschen fliehen doch genau vor diesem
Terror.“
Das Irre ist ja, dass die Argumentationskette so läuft:
Terroranschlag in Paris - IS als Täter ausmachen - IS sind Moslems -
Flüchtlinge sind Moslems - Flüchtlinge sind IS - Flüchtlinge sind Täter ...
Alles Irrsinn, denn: Bisher weiß niemand etwas genaues über die Täter - Terror
hat keine Religion, sondern benutzt dieselbe nur als Mäntelchen - Flüchtlinge
fliehen vor genau diesem Terror - Aus Opfer werden Täter gemacht. Wie
praktisch.
Freundlichkeit
Weil unsere Freundlichkeit größer ist als euer Hass. Weil
wir gar nicht groß drüber nachdenken, sondern einfach Selbstverständliches mit
Freude tun. Weil wir die sind, die wir sind. Und weil wir viele sind. Darum.
... Lassen wir uns den Blick nicht verschleiern, nur weil über die rechten
Pupser so ein medialer Hype gemacht wird. Lasst uns unsere Geschichten, unsere
Realitäten in den Raum werfen. Reden wir drüber. Lauter, deutlicher. Offener.
Mehr. Damit die ermutigt werden, die unsicher sind. Damit die leisen
Unermüdlichen eine angemessene Stimme bekommen. Denn diese Stimmen sind so
viele in diesen Tagen und sie sind lauter als das Gegrunze der besorgten
Bürger. Gebt ihnen mehr Öffentlichkeit. Sammelt sie, teilt sie, verlinkt sie.
Wieder und wieder.
Klartext.
Was ich nicht mag, sind solche Aussagen alá: „…
die Pegida/Afd Anhänger haben ihr Recht auf Menschsein verwirkt“. Oder setzt
sonst irgendein Subjekt nach eurem Belieben in diesen Text ein. Wahlweise
hätten wir noch Pädophile oder Linke oder Gelbschnäbler oder sonst was im
Angebot. Tut mir leid Leute, da zieh ich nicht mit, sowas trägt mein
Menschenbild nicht. Ich kann zornig sein. Ich kann mich bis aufs Blut fetzen.
Ich kann traurig sein. Ich kann empört sein. Ich kann überemotional sein. Ich
kann mich in den Weg stellen bis zum Umfallen. Ich kann entfreunden. Ich kann
mich distanzieren. Ich kann mich der Kommunikation verweigern. Ich kann mich
trennen. Ich kann ungerecht, aufgeblasen, unfair sein. Ich kann es wieder und
wieder mit Gesprächsangeboten versuchen. Ich kann so vieles, mein Reaktionsspektrum
ist groß, flexibel und ich kann entsprechend meinem Gegenüber frei wählend
darauf zurückgreifen. Lass mir da auch selten von jemandem rein reden. Was ich
aber nicht kann und auch niemals können will, ist einem Menschen, egal welchem
Menschen, für sein Denken und Handeln, egal welchem, sein Menschsein
abzusprechen. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Jedes Menschen. Die
Menschenrechte sind für jeden Menschen gültig. Ohne Wenn, ohne Aber. Punkt.
Nix Neues
Was mir gerade so durch den Kopf geht: Als ich den Vater
meiner Kinder heiratete (Iraner) verabschiedete sich die Hälfte meines Freundeskreises.
"Ausländerschlampe" war noch eines der freundlichen Argumente. Als
meine kleine Tochter sich ein Sintimädchen zur besten Freundin auserkor, durfte
ich mir in Elterngesprächen fürsorglichbedenkliche Warnungen über diesen
"schlechten" Umgang anhören. Als mein kleiner Sohn in der Grundschule
mit seinem besten Freund (Eritrea) Arm in Arm herumlief, musste ich zu einem
Gespräch mit Klassenlehrerin, die meinte, mich darauf hinweisen zu müssen, dass
dies doch vielleicht erste Ansätze von Homosexualität sein könnten, denn man
wisse ja so gar nix über die sexuellen Neigungen der Negerkinder. ... ... Ach,
da tauchen gerade noch so viel mehr Erinnerungen auf. Nein, Leute, erzählt mir
nix davon, dass dies alles neu sei und mit den aktuellen Zahlen von Flüchtlingen
zu tun hätte. Hat es nicht. hatte es nie. Da geht es um etwas ganz anderes und
das schon, seit dem ich auf der Welt bin: Rassismus. In all seinen
widerwärtigen Formen. Nix Neues in meinem Land, so gar nix Neues.
Die Rattenfänger
jedweder Couleur bekommen durch Medien
und die Neuen Medien mehr Raum und Stimme. Das ist richtig. Da waren sie aber schon immer. Wenn ich mir
die letzten fünfzig Jahre aus rein persönlicher Sicht anschaue, dann habe ich
nicht das Gefühl, dass sich grundlegend etwas verändert hat: Kriegstreiberei,
Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit Gewalt gegen alles, was anders ist – ist
für mich nix Neues. Solidarität, Friedenswille, Akzeptanz des Andersseins gab
und gibt es aber auch. Es ist alles nur viel öffentlicher und lauter. Unbehagen?
Ja. Durch die neue Öffentlichkeit werden die Brüche sichtbarer, die
Informationsfluten gewaltiger, die Widersprüche deutlicher, die Irritationen
durch Propagandalügen schwerer zu durchschauen. Da den eigenen Weg zu finden
ist hindernisreicher als vor Jahrzehnten. Darauf sind viele Menschen nicht
vorbereitet und es mangelnd ihnen an den notwendigen Handwerkszeugen. Das
verunsichert. Und diese Unsicherheit wird ausgenutzt und fehlgeleitet. Angst,
wohin das alles führen wird? Nicht mehr und nicht weniger als mein ganzes Leben
schon. Für die Hoffnung gilt dies aber ebenso. Ausreichend Nahrung finde ich in diesen Tagen
für beides.
Schießbefehl
Jetzt regen sich einige mächtig auf, andere gucken betröpfelt,
wieder andere grinsen verschämt, ertappt, beim gerade noch gestopptem Nicken.
Warum? Weil so ein AfD Typ was vom Schießen und Schusswaffengebrauch an den
Grenzen gesagt hat. Ach? Überrascht? Wacht mal auf, denn das ist die einzig logisch folgerichtige Konsequenz dieses menschenrechtsverachtenden rassistisch
faschistoiden Menschen- und Weltbildes … … … Schießbefehl an der Grenze,
Rückführung in Todes-, Verfolgungs-, Hunger- und Kriegsgebiete, verrecken
lassen auf den Fluchtwegen, Todschlagen auf den Straßen - da liegen keine Welten
dazwischen. So gar keine. Eure Empörung ist geheuchelt, denn die einzige
Alternative wäre, die Grenzen endlich auf, die Reise ungefährlich und dann für
alle Beteiligten das Beste draus zu machen. Denk mal drüber nach, bevor ihr
euch wieder in Schnappatmungswellen selbstverherrlichend badet.
"Der Winter
kommt. Die Flüchtlinge, die jetzt schon unterwegs sind, werden erfrieren,
verhungern oder sonstwie elendig unterwegs verrecken. Daran ändert auch euer
verlogenes Geschwätz, euer scheinheilig lahmarschiger Aktionismus mit Worten
nichts. Es wäre ehrlicher, wenn ihr euch selbst an die Grenzen stellen und sie
direkt, face to face, erschießen würdet. Doch dazu seid ihr zu feige. Dann müsstet
ihr nämlich Verantwortung für euer Tun und Nichttun übernehmen und mit den
Konsequenzen weiter leben."
Ja, so könnte man das auch sehen.
Wir müssen was tun!
„Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen!“
„Indem wir Waffen liefern? Nationale Wirtschaftssysteme
in den Boden stampfen, damit wir auch noch aus unserem überproduzierten Dreck
Gewinn schöpfen können?“
„Wir müssen dann eben die Flut der Asylsuchenden eindämmen!“
„Und wie bitte? Mach mal konkrete Vorschläge. Vielleicht
indem wir eine Mauer hoch ziehen und Minenfelder anlegen? Schießbefehl?“
„Wir müssen die, die keine politisch Verfolgten sind so abschrecken,
dass sie überhaupt nicht hierher kommen
wollen!“
„Und wie willst du das machen? Indem wir Asylunterkünfte
abfackeln? Sie im Winter erfrieren lassen oder, noch besser, wir geben ihnen
nix mehr zum Essen und zum Anziehen. Und die Bilder und Filme der dann elendig
Verreckenden zeigen wir auf der ganzen Welt. Das wirkt dann bestimmt abschreckend.
Wir könnten auch das Sozialsystem ganz auflösen oder mal für ein, zwei Generationen
aussetzen. Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen quasi. Kollateralschäden
eben. Wir könnten uns auch alle Mühe geben, einfach noch schrecklicher, inhumaner,
mörderischer als die Herkunftsländer zu werden. Krieg käme da auch ganz gut,
oder?“
„Aber, aber, wir, wir müssen doch was tun!“
„Ja, das sehe ich auch so. Du müsstest mal was tun. Ein
bisschen mehr Gelassenheit wäre eine wichtige Zutat. Du könntest dir mal
angucken, wo deine Ängste ihr Wurzeln haben. Du könntest dir mal überlegen, wer
an den Fluchtursachen so sein Mütchen kühlt und seine Taschen füllt. Du könntest
dir glatt mal die Mühe machen und schauen, wer sich gerade an deiner Wut
bereichert und sich Pöstchen und Status dadurch sichert. Du könntest endlich
mal den Mut aufbringen in den Spiegeln zu schauen und dich zu fragen, wem du
ähnlicher bist, den Flüchtlingen oder den Schmarotzern der Hochfinanz, den
Wirtschaftsbossen und den Kriegsgewinnlern. Du könntest mal ehrlich zu dir sein,
ich mein so richtig ehrlich, und dich dann aufmachen und dir die Verbündeten
suchen, die dich nicht ausnutzen, verarschen und verheizen. Huch, es könnte
sein, dass du dann auf mich triffst und, ein Doppelhuch, vielleicht sogar auf diejenigen,
die du gerade so verhasst anpöbelst und bekämpfst. Ja, nur Mut, es gibt eine Menge
zu tun!“
Gebabbel
Was ich nicht kapiere: Da geben sich Politiker jedweder Couleur
die Studiotüren in die Hand und palavern ausufernd darüber, wie man die
vermeintlich bedrohliche Flüchtlingsflut handhaben, begrenzen, umleiten,
verteilen könnte. Sie überschlagen sich mit irrsinnigen Vorschlägen wie Grenzen
dicht, Asylgesetz aushöhlen oder ganz abschaffen, noch mehr Bürokratie, und,
und, und. Keiner von denen legt jedoch ein klares Aktionsprogramm auf den
Tisch, wie man die Fluchtursachen bekämpfen und nachhaltig abstellen kann.
Dieser ganze Komplex wird einfach ausgeblendet oder, wenn denn dann, beiläufig
in ein, zwei Sätzchen abgehandelt. Wenn es uns wirklich so lebensbedrohend
schrecklich ginge, wie die das in den ganzen Politshows herbeizureden
versuchen, dann wären radikale Maßnahmen gegen die Fluchtursachen doch das
Gebot der Stunde, oder? Und jetzt erzähl mir doch keiner, die wüssten nicht
ganz genau, worum es geht. Das ist so verlogen und unverschämt ignorant und
taktierend fürs eigene Süppchen, dass ich keinen von denen mehr ernst nehmen
kann. Keinen.
Prävention
Es wäre übrigens eine wunderbare Präventionsmaßnahme in
Bezug auf die rechten Rattenfänger gewesen, wenn der Bundestag die Sanktionen
bei Hartz IV in die Tonne gekloppt hätte. Hätten sie auch gerne unter dem
Motto: "Wenn wir das gemeinsam stemmen mit den Flüchtlingen, dann habt ihr
auch eine Belohnung verdient." verkaufen können. Hätte ich nicht dran rum
gemäkelt.
Instrumentalisierung
Die besorgten Bürger lassen sich von den Nazis
instrumentalisieren. Weil es einfacher ist nach Unten zu treten als gegen Oben
zu kämpfen. Für das Erste brauchst nur ein bisschen schreien und pöbeln, für das
Zweite musst Eier in der Hose haben, sprich Zivilcourage. Hätten sie diese,
dann würde es bei uns anders aussehen.
Stellvertreter Empörung
Ich habe bisher nicht erlebt, dass Hundertausende besorgte
deutsche Bürgerinnen und Bürger auf die Straße gegangen sind für mehr
bezahlbaren Wohnraum, sichere und höhere Altersversorgung, für ein gerechtes
Gesundheitssystem, für sanktionsfreies Hartz IV, für ein sinnvolleres Bildungssystem,
für sichere und fair bezahlte Arbeitsplätze. Solange es da keine
"Bewegung" gibt im Land, wenn es um die ureigenen Interessen geht,
solange unterstelle ich den Nörglern und Schreiern und Hassern gegen
Flüchtlinge eine Stellvertreter Empörung, die die eigenen Unzulänglichkeiten
und inneren verquasten seelischen Zustände kaschieren und zupflastern soll.
Wir haben ein Problem
Wir haben kein Flüchtlings"problem",
sondern wir haben ein Problem
mit Gier, Macht, Markt und Kriegstreiberei.
Menschenrechte
So einfach: Menschenrechte muss man sich nicht verdienen.
Menschenrechte kann man sich weder durch
"Bravsein" erschleichen noch sie durch Unrechtsverhalten verwirken.
Für die Gewährung derselben muss auch niemand vor
Dankbarkeit zu Kreuze kriechen.
Menschenrechte gelten ohne Wenn und Aber. Und das ist gut
so!
Zahlenfluten
Weil ich es gerade so mit Zahlen hab: Seit 2008 haben wir
ca. 200irgendwas Milliarden Euro für die Bankenrettung ausgegeben. Und scheißen
uns jetzt in die Hosen wegen 6 Milliarden für die Flüchtlinge. Mir sind
deppert, oder? Oder schlecht in Mathe.
Die Zahl der Einwohner von Deutschland betrug am 31.
Dezember 2014 auf Grundlage des Zensus 2011 rund 81,2 Millionen. In den heut
morgigen Headlines der Zeitungen wird mit angehaltenem Atem die Schreckenszahl
von zu erwartenden 1,5 Millionen Flüchtigen gehaucht. Auch wenn ich vor dem
ersten Kaffee mit so viele Nullen nicht rechnen kann, so sagt mir mein Auge:
Eine Überschwemmung oder Flut zieht doch irgendwie anders aus.
1.4 Millionen Menschen haben an den Feierlichkeiten zum
25. Jahrestag in Frankfurt teilgenommen. Ah, jetzt habe ich ein Bild von der
erschröcklichen „Flut“ im Kopf.
Ich glaube übrigens wirklich, dass die Kommunen
überfordert sind. Die ganze Bürokratie, das verwirrende Zettelwesen. Der
eingefleischte Bürokrat kommt da an seine Grenzen. Ohne Frage.
Im Stadtkern, ohne die Vorstadtregionen, leben in
Shanghai offiziell 22 Millionen Menschen. 1,5 oder gar 2 Millionen Menschen
kommen mir da immer noch nicht wie eine Flut vor.
Gemeinsam
Eigentlich müsste doch zumindest jeder Minijobber, jeder
Leiharbeiter, jeder HartzIV Empfänger begeistert an der Grenze stehen und
solidarisch den Flüchtlingen die Hände reichen. Immerhin kommen da auch Leute
an, die zum Teil gegen genau die gekämpft haben, die für ihren Profit und ihre
Gier auch in unserem Land über jedwede MitMenschlichkeit kaltschnäuzig lächelnd
hinweglatschen. Ein Schulterschluss würde wirklich Sinn machen, da ist eine
Menge Erfahrung, auf beiden Seiten, die man in den kommenden Arbeits- und
Sozialkämpfen prima gemeinsam nutzen könnte. Aber ne, man lässt sich weiter
auseinander dividieren. Wer davon wohl profitiert? Und die Politiker schwatzen
von Dankbarkeit und Ankommenskultur. Jesses, was für eine Verarschung.
Dankbarkeit
Du willst meine Dankbarkeit
Für die bröseligen Almosen
Die du mir gnädig hinwirfst
Dabei vergessend
Das deine satte Behäbigkeit
Ihre nährenden Wurzeln
In meinem Leiden haben
Du nennst mich anmaßend
Wenn ich an deine Tür klopfe
Unseren Reichtum zu teilen
Findest du empörend
Du hast noch lange nicht verstanden
Ein Du und Ich gab es nie
Nur ein gedemütigtes Wir
Meine Dankbarkeit
Wirst du nicht bekommen
Doch meine Hand
Die reich ich dir
Blickwechsel
Wenn ich allen hier ankommenden Menschen pauschal
unterstelle, sie kämen nur um „abzusahnen“, sich auf die faule Haut zu legen
und in der bequemen sozialen Hängematte zu dösen, dann sagt dies sehr viel mehr
über meine innere Haltung, meine inneren Wahrnehmungsfilter und Wertigkeiten in
Bezug auf unsere Gesellschaft aus, denn über diese Menschen. Könnte es aber
nicht auch sein, dass viele dieser Menschen unbedingt in unser Land wollen,
weil sie hier Demokratie vermuten, rechtgesicherte Räume, Frieden, Meinungs-,
Informations- und Wahlfreiheit, Toleranz fürs AndersSein und die realen
Möglichkeiten mit eigener Hände Arbeit sich ein menschenwürdiges Leben nach
eigenem Gusto aufbauen zu können? Wenn dies so wäre, dann wären sie natürlich
eine Art Konkurrenz und es läge politischer Sprengstoff in ihrer Anwesenheit.
Man muss mutig und kämpferisch, kreativ und flexibel sein, mit einem
außerordentlichen Überlebenswillen begabt um diese Reisen und Fluchten
anzugehen und durchzustehen. Verzweiflung allein reicht da nicht aus. Nicht das
schlechteste Potential für eine lebendige Demokratie und natürlich
brandgefährlich. Vielleicht werden sie deshalb so hartnäckig in die Schmarotzer
und religiöse Fanatiker Ecke herbeiredend abgeschoben. Wer mag da wohl ein
Interesse dran haben?
Sichere Regionen
"Berlin (AFP) Angesichts tausender Asylbewerber aus
Syrien in Deutschland fordert die CSU, Flüchtlinge auch in das Bürgerkriegsland
abzuschieben. "Nicht überall in Syrien wird gekämpft", sagte der
Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Max
Straubinger, am Dienstag dem Tageszeitungszusammenschluss Redaktionsnetzwerk
Deutschland. Es gebe auch in Syrien Regionen, in denen man leben könne."
Prima! Ich schlage vor, die Herren und Damen aus der CSU,
die diese Ansicht mit vertreten, buchen auf Staatskosten einen Flug da runter
und verbleiben zwecks Recherche für einige Wochen unter realen (wie die
Normalbevölkerung) Bedingungen in den von ihnen vermuteten Regionen, in denen
man angeblich noch leben könne. Danach reden wir gerne noch einmal ernsthaft
über diesen Vorschlag *andenkoppklatsch
Persönliche Demütigung durch Rechte?
Aus einem Gespräch:
„Ihr seid den
Rechten doch nicht böse, weil sie die Flüchtlinge schlecht behandeln. Ihr seid
Ihnen böse, weil sie EUCH immer wieder gedemütigt haben.“
Tut mir leid. Mich hat noch niemals ein "Rechter"
persönlich gedemütigt oder gewalttätig körperlich verletzt. Das haben in meinem
Leben bisher, in einigen wenigen Fällen, nur weiße Männer aus der bürgerlich
gebildeten oberen Mittelschicht geschafft, und das auch nur, weil ich nicht gut
genug auf mich aufgepasst habe. Meine Traurigkeit, mein Entsetzen und meine
wütende Hilflosigkeit gegen über den Rechten im weitesten Sinne wurzeln doch
gerade in deren von mir verstandesmäßig nachvollziehbaren individuellen
Entwicklung. Ich bin ihnen nicht "böse". Das wäre ja kindisch. Ich
lehne ab und lasse nicht zu, dass sie, durch ihre von ihnen nicht kontrollierbaren
überschießenden Affekte und ihre psychische Instabilität eine Gesellschaft, in der
ich mich prinzipiell wohl und sicher fühle, mit Hass und Gewalt überziehen. Ich
beziehe Stellung zu dem, was sie wie tun. Und das wünsche ich mir eben von
allen anderen Menschen in diesem Land auch. Stellung beziehen, sich
positionieren. Egal in welche Richtung. Damit ich weiß, woran ich bin bei meinem Gegenüber.
Das Schweigen im Walde
Was mich wütend macht, ist die kaltschnäuzige Saturiertheit
der gewählten Politiker jedweder Couleur angesichts all des menschlichen Elends.
Aber auch das:
Wo sind die Konzerte, die Lichterketten, die
Straßenstände, die Schweigemärsche, die massenhaften Aufrufe von
Gewerkschaften, Schriftstellerverbänden, Parteiorganisationen (oder dürfen auch
die Ortverbände nicht mehr eigenständig?); wo sind die Künstler, Schauspieler
und sonstige Freischaffenden mit ihrem öffentlich kreativen Aufschrei gegen
Rechts und für die Menschlichkeit? Wo sind unsere Wissenschaftler, Philosophen,
Psychologen, Ärzte? Wo sind die nur alle?
Das Land der Dichter und Denker! - boah, verarschen kann
ich mich selbst - macht Party, Kohle, Schönheitsschlaf.
Wer meint, sich nicht positionieren zu müssen,
positioniert sich doch in genau diesem Augenblick. Auch Schweigen ist eine
Haltung. Schweigen tötet. Auf die eine oder andere Weise und zurzeit sehr real.
Quoten
Die jeweilige Anerkennungsquote von Asylanträgen sagt
unterm Strich eigentlich nichts über die anzuerkennende Rechtmäßigkeit (nach
der Genfer Flüchtlingskonvention) der Fluchtgründe aus, sondern ausschließlich
etwas über die Auslegung der nationalen Asylgesetze und den dazugehörigen Anwendungs-/Auslegungsanweisungen
in den jeweiligen Aufnahmeländern. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Festlegung sogenannter „Sichere Herkunftsländer“,
die eher tagespolitischem Kalkül denn konkreter Einzelfallprüfungen geschuldet
ist.
Beispiel: „Sogar in der für ihre
Hardliner-Flüchtlingspolitik bekannten Schweiz liegt die Anerkennungsquote für
Asylbewerber aus Bosnien bei 15,4% (2014) – im Vergleich zu 1,6 Prozent in
Deutschland (2014).“
Contenance
Ich habe mir heute Nacht von irgendeinem Idioten angehört,
dass man wohl vergessen hätte mich zu vergasen, aber es sei ja noch nicht zu
spät dazu. Worte sind auch Gewalt, verletzen, schädigen und gehen tief. Je
länger ich mich mit der Recherche auf rechten Seiten und Foren beschäftige, in
den Sozialen Medien kommentierend dagegen halte, umso mehr spüre ich diesen wachsenden
Zorn in mir. Es kostet einen riesen
inneren Aufwand um die Contenance zu behalten, um nicht auf den Zug des Hasses
und der Raserei aufzuspringen. Aber, ich lass mich nicht verführen. Und wenn
die ganze Welt von Arschlöchern bevölkert wäre, so weigerte ich mich doch,
selbst eines zu werden. Niemals. Punkt.
Überraschung?
Seit fast 45 Jahren treibt mich dieses Thema um. War
schon ein Schwerpunkt in unserer ersten Schülerzeitung. Damals ging es um die
sogenannten Gastarbeiter und das Willkommen und die Akzeptanz hier. Wenn ich
meine uralt Kladden durchschaue, dann könnt ich weinen: Das was jetzt passiert
in meinem Land, ist doch nichts Überraschendes. Das gab es doch damals schon
und in all den Jahrzehnten dazwischen köchelte es doch vor sich hin. Es wurde
wieder und wieder und wieder darauf hingewiesen, dass diese braune Suppe, wenn
die Rahmenbedingungen es erlaubten, überkochen würde. Die Mahner wurden
verlacht oder in die kommunistische, igittigitt, Ecke gedrängt und ihnen ein
basskehlig unzusammenhängendes "Geht doch rüber, wenn es euch hier nicht
passt!" an den Kopf geschleudert. Nun haben wir den Salat, ne, die Suppe.
Was wir allerdings auch haben, und ich warne davor, dies klein zu reden, sind
viele, viele Menschen, die, anders als vor vierzig Jahren, sich weigern, diese
Suppe auch nur zu kosten, sondern die bereit sind, sich aktiv gegen die
Suppenköche und deren Rattenfänger zur Wehr zu setzen. Und so bin ich traurig
und ermutigt zu gleichen Zeit.
Argumentationsketten
Nach einer Nacht der heißen Diskussionen in Gruppen und Foren fasse ich mal die Argumentationsketten über die wahren Fluchthelfer und Schleuser zusammen: Die USA,
weil sie Europa zerstören will; die deutsche Politik, damit sie dankbare
zukünftige Wähler hat; die Wirtschaft, wegen den neuen Konsumenten; ARD und ZDF
damit sie widerspruchslose Gebührenzahler bekommen; die Feministinnen, weil die
Afrikaner größere Schwänze haben; die Alten, damit die ihre Renten bezahlen;
die Gutmenschen, damit sie jemanden haben, um den sie sich kümmern können; die
Ausländer mit deutschem Pass, weil sie die Deutschen aus ihrem Land vergraulen
wollen, die jungen Leute, weil sie eine kaputte Generation sind und es ihnen,
dank der antiautoritären Erziehung, eh an Zucht und Ordnung fehlt; die
Homosexuellen, weil sie Frischfleisch brauchen; die Mafia, damit der
Drogenhandel besser funktioniert; Frau Müller, damit Sie gegen Vaterlandsverteidiger
und Heimatliebende hetzen kann, da sie als altes Weib unbefriedigt durch die
Welt läuft und ja eh schon mit einem Bein im Grab steht.
Ich hab bestimmt einige vergessen und von allen habe ich gegen
Ende auch keine Screenshots mehr machen
können. Ich war erschöpft und brauche ein wenig Zeit um mich zu erholen. Ich
spiel jetzt einen Ego-Shooter um meine Seele sozialverträglich zu entlasten.
Gründe
Wer entscheidet? Nach welchen Kriterien? Unabhängig und
objektiv? Kannst du das entscheiden? Ausgerechnet du, der nicht mal weiß, wo
die jeweiligen Herkunftsländer auf der Karte zu finden sind.
Welch eine Anmaßung!
A. wehrt sich seit Jahren gegen Anwerbungsversuche der
verschiedenen gegeneinander kämpfenden Parteien. Sie drohen, seine beiden Söhne
mitzunehmen.
B. arbeitet bei einer Zeitung. Er hat schon öfter Artikel
verfasst, in denen er sich kritisch mit der Regierung auseinandersetzte. Schon
mehrmals sind die Räume der Zeitung durchsucht worden. Freunde warnen ihn vor
seiner bevorstehenden Verhaftung.
C.s Mann und ihr Sohn sind bei einem Bombenanschlag ums
Leben gekommen. Sie fürchtet um das Leben ihrer anderen Kinder.
D. findet seit Wochen nichts mehr zum Überleben. Dürre und Krieg haben alles vernichtet.
E. soll der Beschneidung ihrer Tochter zustimmen.
F. saß mehrere Jahre wegen der Teilnahme an
Demonstrationen im Gefängnis. Nach seiner Entlassung wird er mehrmals zu
Verhören abgeholt.
G. leidet an einer Augenkrankheit. Ohne qualifizierte
ärztliche Maßnahmen wird er erblinden.
H. ist ein gläubiges Mitglied seiner Gemeinde. Seit einem
Jahr ist die Ausübung seiner Religion offiziell verboten. Die Gläubigen werden verfolgt, gefoltert, erschlagen. Er will seinen
Glauben nicht verleugnen.
I. wurde beim Einmarsch der Truppen verschleppt und
mehrmals vergewaltigt.
J. hat mit sechs Jahren angefangen in den Minen zu arbeiten. Er träumt
davon, eine Schule zu besuchen und Arzt zu werden.
K. war Kommandant einer Eliteeinheit zur Aufspürung von
Regimegegnern. Nach dem Umsturz wurde er mehrmals verhaftet und gefoltert..
L. liebt seinen Freund. In seinem Land steht auf gleichgeschlechtliche
Beziehungen die Todesstrafe.
M.s Kinder leben schon seit einigen Jahren in einem
anderen Land. Jetzt ist ihr Mann gestorben und sie will bei ihren Kindern
leben.
N. will nicht als Soldat im Krieg kämpfen.
O. hat mehrere Filme im Ausland veröffentlicht und internationale
Preise erhalten. Er wird verhaftet und der Staatsfeindlichkeit beschuldigt.
Nach internationalen Protesten darf er sein Land verlassen.
P. wird mit dreizehn Jahren an einen älteren Mann
verheiratet. Sie muss sich immer im Haus aufhalten. Ihr Mann schlägt sie.
Während eines Familientreffens in der Hauptstadt gelingt es ihr zusammen mit
ihrer Tochter unterzutauchen.
Q. wird nach einem Streit mit seinem Nachbarn von diesem
als Regimegegner denunziert. Sein Haus wird mehrmals durchsucht und seine
Familie bedroht.
R.s Dorf wird von den Söldnern des Großgrundbesitzers
zerstört, da die Dorfgemeinschaft sich weigerte, Anbaufläche abzugeben.
S. wird wegen seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen
Gruppe mehrmals aus verschiedenen Gemeinden vertrieben. Er und die anderen
Mitglieder seiner Familie finden weder Arbeit noch Unterkunft.
T. ist Lehrerin. Nach dem Regierungsumsturz dürfen Frauen
nicht mehr außerhalb des Hauses arbeiten. Ihre Töchter dürfen nicht mehr zur
Schule gehen.
U. muss während des Krieges ihre zerstörte Heimatstadt
verlassen. Gemeinsam mit vielen anderen Menschen lebt sie seit Jahren in einem Flüchtlingslager.
V. lebt mit seiner Familie im Grenzgebiet zweier sich
bekämpfender Gruppen. Immer wieder werden Kinder von beiden Seiten entführt und
als Soldaten ausgebildet.
W.s Frau gehört nicht zur gleichen Volksgruppe wie er.
Nach Ausbruch des Bürgerkrieges werden er und seine Familie immer wieder
deswegen bedroht.
X. Frau hat eine andere Religionszugehörigkeit als er. Immer wieder wird sie deswegen bedroht und mehrmals verhaftet.
Y.s Vater wird verhaftet. Ihre Brüder haben schon vor einiger
Zeit das Dorf verlassen.
Z. weigert sich auf seine Nachbarn zu schießen. Daraufhin
wird er schwer gefoltert und steht unter Hausarrest.
Logik
„Die sind zu faul zum Arbeiten und nehmen uns die Arbeitsplätze weg!“
„Ähm, okay, die arbeiten nicht, weil sie zu faul sind und nehmen dadurch Arbeitsplätze weg? Du solltest mal das Zeugs wechseln, dass du dir anscheinend täglich einfährst. Vielleicht wird das dann noch was mit dem Denken und der Logik.“
Lügenpresse
Was mir seit Tagen durch den Kopf geht: „Lügenpresse“
kann man unsere Medien doch nur dann nennen, wenn man erwartet in derselben die
einzig eine Wahrheit (am besten die eigene unreflektierte, absolute) vorgekaut
zu bekommen. In meiner Welt gibt es aber nicht die eine und einzige „Wahrheit“,
sondern nur ganz viele unterschiedliche Sichtweisen auf Welt. Und ich bin bei
der täglichen Presse-/Medienschau immer noch der Meinung, dass, mit klaren Kopf
und ohne Erwartungshaltung, die Vielfalt der Anschauungen und Positionen, die
Vielschichtigkeit von Eigeninteressen und Lobbytum, und das Angebot an
unterschiedlichen Wahrheiten recht groß ist. Das macht es nicht einfach,
beflügelt aber den eigenen Verstand und die kritische Auseinandersetzung mit
den Texten. Nimmt man die neuen Medien hinzu, so ist die Bandbreite dessen, was
jeweils als Wahrheit angeboten wird doch immens und schön widersprüchlich. Das
find ich gut und darauf möchte ich nicht verzichten müssen zugunsten einer
einzigen mir vorgekotzten/vorgeschriebenen „wirklichen Wahrheit“. Das macht
natürlich alles Mühe und setzt Flexibilität im eigenen Denken und nicht
aufhörendes Lernen, Neugierde, Eigeninitiative bei der Informationsbeschaffung
und kritische Infragestellung des Angebotenen voraus. Ich glaube, dass
denjenigen, die das Wort „Lügenpresse“ so laut und schnell über die Lippen
geht, damit schlichtweg überfordert sind. Und, ich möchte nicht die Presse
haben, die die gerne hätten. Dagegen würde ich mich mit aller Macht wehren.
Denn, wenn ich mir deren Weltbild anschaue, dann stinkt es da extrem nach
Einheitsbrei und eben einem absoluten Wahrheitsanspruch. Summa summarum: So wie
es ist, könnte es besser (vielfältiger) sein, aber es ist nicht das
Schlechteste unter allem Möglichen.
Zufall
Ich habe so ein Glück: Eine Wohnung, fließend warmes und
kaltes Wasser, was auch noch trinkbar ist, im Winter eine Heizung. Ich habe
freundliche Nachbarn und sehr nette Vermieter. Ich konnte die Schule und die
Universität besuchen. Ich arbeite in einem Beruf, der mir Freude und
Bereicherung ist. Meine Kinder waren im Kinderladen und haben einen
Schulabschluss. Sie konnten frei und ungezwungen aufwachsen und ihren ganz
eigenen Lebensweg wählen. Wenn ich in meinem Leben mal nicht arbeiten konnte,
dann hat mir die Gemeinschaft über diese Zeit den Lebensunterhalt garantiert.
Ich habe weder Krieg noch unmäßige Verwüstungen hier erlebt. Meine Reisen
konnte und kann ich frei und spontan organisieren. Ich kann meine Meinung frei
äußern, ohne um mein Leben fürchten zu müssen. Wenn ich sparsam bin, kann ich
mir jeden Tag Essen und manchen Schnickschnack ab und zu leisten. Ich kann entscheiden, wie ich mich ernähren
will. Ich habe einen Internet Anschluss und kann 24 Stunden mit Menschen aus
der ganzen Welt kommunizieren und mich über alles ausführlich informieren.
Meine Enkelin lebt bei mir und ich muss keine Angst haben, dass ihr ein
Schrecken passiert, wenn sie mit ihrer Mutter das Haus verlässt. Ich kann frei
bestimmen, in welcher Form ich meine Beziehungen und Partnerschaften gestalte.
Ich wähle meine Kleidung und meinen Stil selbst. Was heute Morgen Recht und
Gesetz war, wird es auch heute Abend noch sein.
Wenn ich krank bin oder einen Unfall habe, dann bekomme ich ohne
Schwierigkeiten eine ärztliche Betreuung. Ich kann wählen oder nicht wählen
gehen. Ich kann mich gegen Ungerechtigkeiten wehren und aktiv einbringen. Ich
kann auch vorm Fernseher hocken bleiben. Aus allem entstehen mir kein Schaden
und keine Verfolgung. Jeder, der hier lebt,
kann diese Aufzählung sicher mit vielen eigenen Beispielen füllen.
Dafür bin ich dankbar.
Es ist der Zufall meines Geburtsortes, der mir all dies
ermöglicht. Doch nicht nur das. Den Preis für all diese Selbstverständlichkeiten
zahlen in einer globalisierten Welt tausend und abertausende Menschen, denen es
dreckig geht, damit es mir so gut gehen kann. Und weil dies so ist, bin ich
froh, wenn ich von meinem Glück etwas abgeben und teilen kann und es dadurch noch
vermehren darf. Ich kann diese Welt nicht alleine ändern, aber ich kann sie
ganz konkret in meinem persönlichen Umfeld gemeinsam mit anderen Menschen
freundlicher und liebevoller gestalten für all diejenigen, die das Glück meiner
zufälligen Geburt nicht hatten, und die nun mit all ihren Träumen, Sehnsüchten
und Hoffnungen bei uns angekommen sind.
Das kannst du auch.
Es ist ganz einfach.
Nicht schweigen
Mir bekannte Blogger hören auf gegen Fremdenhass und
Rassismus zu bloggen, weil sie und ihre Familien ganz konkret und real von
rechten Arschlöchern bedroht werden. Und die Masse schweigt. Die Politiker
verpissen sich oder instrumentalisieren die „besorgten BürgerInnen“ zur Erhaltung ihrer eigenen kleinen Pöstchen
und Pfründe. Das treibt mich um. Dieses Kapitulieren. Auf der einen Seite kann
ich es nachvollziehen, auf der anderen Seite schießen mir tausend Bilder durch
den Kopf: Freunde, die im Iran starben; die Kämpfer aus Griechenland; das schweigende
Zusehen beim Abschlachten in Ruanda oder in Sarajewo; die Toten in Palästina;
damals die Menschen in Chile, heute in Syrien… und, und, und … so viele
unterschiedliche Bilder … eine Flut von Menschen, die ich oft persönlich
kannte, rast durch meinen Kopf … Menschen, die nicht aufgegeben hatten für ihre
Überzeugungen laut und deutlich die Stimme zu erheben … wieder und immer wieder
… und die mit ihrem Tod dafür bezahlten. Oh, es ist anmaßend, ich weiß. Ich
gehöre zu der Generation, die eigentlich im eigenen Land bei freien
Meinungsäußerungen nie mit ihrem Tod, meistens nicht mal mit körperlichen
Verletzungen bedroht war. Ja, ich verstehe diese Angst und diesen Rückzug, wenn
es um Familie und das eigene Leben geht. Das Leben. Aber, das Leben ist nicht
so. Nicht für die Mehrheit der Menschen
auf er Welt. Da gehören Gewalt und Todesängste zum täglichen Brot. Ja, es macht
Angst, wenn da so ein durchtrainierter Idiot sich vor einem aufplustert und du
siehst in seinen Augen, dass er bereit ist dich zusammen zu schlagen und ihm
dein Leben nicht einen Pfifferling wert ist. Ja, das macht Angst. … Aber, das
Schweigen, dieses Schweigen aus Angst, das macht mir noch viel mehr Angst. So
viel mehr.
Es ist nicht rund in mir. Noch nicht. Aber mein Bauch
sagt mir, wider alle Vernunft, aufhören ist falsch. Ganz und gar falsch.
Heuchelei
Lampedusa. Die wievielte? Die Empörung ist Heuchelei.
Nicht mehr und nicht weniger. Die EU will diese Menschen nicht. So einfach ist
das. Noch einfacher wäre es, wenn man das mal klar aussprechen würde, so in
etwa: "Wir scheißen auf eure Menschenrechte und schon gar auf euer Recht
auf Leben. Geht hin, wo hin ihr wollt, doch kommt nicht zu uns. Wir brauchen
euch nicht; weder als Konsumenten, noch als Produzenten. Haben wir genug
eigene. Ihr bringt uns keinen Gewinn, sondern nur Kosten. Und da wir nur am
Profit orientiert sind, sind wir, ihr verzeiht, schlichtweg pragmatisch. Hier
ist kein Platz für euch. Es interessiert uns auch nicht weiter, wo ihr Obdach
und Asyl findet. Hier bei uns auf alle Fälle nicht."
Aber ne, jetzt schwingen sie wieder große Reden und
verdrücken Tränchen und dann ... geht alles weiter wie zuvor. Zynisch? Klar,
nach Jahrzehnten in der Flüchtlingsarbeit sei das ab und an erlaubt.
Und alle die, die jetzt so tolle weinerliche Reden
schwingen und auf Entscheidungsposten sitzen, sollten mal dazu verdonnert
werden ein Jahr ohne Rettungsringe und anonym in Flüchtlingslagern, z.B. im
Libanon,, da wo sich die meisten Flüchtlinge weltweit nämlich aufhalten, zu
(über)leben. Und dann höre ich ihnen zu. Mal sehen, ob sie dann immer noch
glauben, es gäbe keine denkbaren Alternativen zu ihrer Flüchtlingspolitik.
Mutig
Mal ganz ehrlich: Wenn ich ein Kind hätte, im Alter wie
meine Enkeltochter zum Beispiel,
und ich hätte kein Geld, keinen Cent und nach so viel
Sucherei auch keine Arbeit, weil es einfach keine irgendwie geartete gäbe, und
für die Hurerei wär ich nicht tauglich und der Winter stünde vor der Tür, das
Dach wäre kaputt, die Wände würden keinen Windstoß mehr überleben, keine
passende warme Kleidung mehr fürs Kind, alle mickrigen Vorräte verbraucht oder
gar gestohlen, Nachbarn, Freunde, Familie ginge es genauso, wenn es solche
überhaupt jemals gab, … dann, ja dann würde ich mich auch auf den Weg machen.
Dorthin, wo es Wärme, ein Dach über dem Kopf und für mein Kind Kleidung und
Nahrung gäbe.
Würde ich, ja, würde ich.
Und würd ich in den Spiegel schauen, dann würd ich mir zu
lächeln, weil ich mich mutig und verantwortungsvoll fände. Nein, ich würde
nicht in passive Starre verfallen und tatenlos zusehen, wie mein Kind verreckt.
Würde ich nicht, bestimmt nicht. Ich würde mich gegen alle Wenn und Abers auf
den Weg machen. Und ich hätte nicht mal ein schlechtes Gewissen. Dieses würde
ich mir erst dann wieder gönnen, wenn da eine sichere Überlebenschance für mein
Kind wäre. Hoffnung hätte ich, wie ein kleines Licht in mir. Das würde ich
hüten, dieses Licht. Und mich auf den Weg machen.
So einfach und doch so schwer wäre das.
Vorschläge
Sonntägliche Überlegungen zum Projekt Flüchtlinge:
Schließt die Schlupflöcher beim Mindestlohn, öffnet den Arbeitsmarkt,
vereinfacht die ganzen unnützen Regeleien für das Dienstleistungsgewerbe und
Gewerbe überhaupt, schafft klare und eindeutige Einwanderungskriterien, stellt
den deutschen Export von Waffen auf Null, erhöht die Sanktionen gegen dann
illegale Waffenlieferungen drastisch, fördert intensiv Projekte in den
Herkunftsländern nur noch nach dem Gemeinwohlprinzip, nehmt politisch Verfolgte
und Menschen aus Kriegsregionen unkompliziert und schnell mit Bleiberecht und
sofortiger Arbeitserlaubnis auf … … … was noch?
"Offener Arbeitsmarkt für alle Anwesenden? Oh, die
nehmen uns ja dann die Arbeitsplätze weg!"
"Ernsthaft? Wenn Lohndumping und Schwarzarbeit
endlich vernünftig kontrolliert und sanktioniert würden, dann könnte ich nur
eiskalt feststellen: Kompetenz und Sachverstand plus Engagement bekommen den
Arbeitsplatz. Des ist jetzt blöd. Vielleicht versuchst du es an einem anderen
Standort."
"Das war jetzt aber bitterböse, Frau Müller!"
"Ja, manchmal geht mir dieses substanzlose
Rumgejammere auf die Nerven. Dir passt die Wirtschaftssituation nicht? Dann
ändere das System! und hör auf rumzuheulen und auf Schwächere einzuschlagen,
anstatt dich gegen Ausbeutung und andere Ungerechtigkeiten zu wehren. Aber,
dann müsstest ja nachdenken, deinen Arsch in Bewegung setzen, dich engagieren
und vor allem Verantwortung übernehmen. Sind übrigens tolle Soft Skills auf dem
Arbeitsmarkt."
Sich anpassen
Ein Bild, dass mir seit gestern Abend nicht aus dem Kopf
geht: Ein Ehepaar hat zwei kleine Töchter
und einen Sohn. Die Frau und der Sohn werden mit vielen anderen auf der Straße
erschossen. Der Mann macht sich mit den beiden Töchtern auf den Weg nach
Europa, in der Hoffnung ihr Leben dadurch retten zu können. Nach vielen
Wirrnissen gelangt er auf ein Schlepperboot. Mitten auf dem Meer fängt das eine
kleine Mädchen an zu weinen. Weil es nicht aufhört, wird es ihm aus den Armen gerissen
und ins Meer geworfen. Der Mann kann nichts tun, das Mädchen ertrinkt. Ich
bekomme es nicht aus dem Kopf, dieses Bild. Mein Herz schreit.
Wie kann man von diesem Menschen erwarten, dass er jetzt,
bei uns angekommen, sich auf einmal mit solchen Dingen, wie pünktlich die
Straße kehren und aufmerksam den Müll sortieren, oder was sonst alles von uns
von anständigen Leuten erwartet wird, beschäftigt? So als sei nichts geschehen.
Wo sollte er in sich die Dankbarkeit finden, die wir von
ihm erwarten?
Du gehst
Du wirst gehen. Du willst nicht gehen. Willst deine
Mutter und die kleinen Geschwister nicht verlassen. Du kannst sie doch in all
dem Elend und in all den Gefahren nicht alleine lassen. Du wirst gehen. Dein
Vater und deine zwei Brüder wurden erschossen. Du bist jetzt der älteste Mann
in deiner Familie. Du kannst jetzt nicht gehen. Doch du wirst gehen. Du bist
gerade sechzehn Jahre alt geworden. Ein Kind noch, doch alt genug, um von einer
der Milizen an die Waffe gezwungen zu werden. Sie kreisen seit Tagen um euer Haus.
Deine Mutter hat sie schon mehrmals von der Türschwelle weg gejagt. Du darfst
das Haus nicht mehr verlassen. Deine Mutter hat Angst. Seit Jahren hat sie
Angst, um ihren Mann, die Kinder, um dich. Du willst nicht gehen. Du wirst
gehen. Sie weint, sie schreit, sie fleht, sie bittet. Deine Mutter liegt vor
dir auf den Knien und bettelt dich an, dich in Sicherheit zu bringen. Sie sagt,
dass alles besser sei für sie, wenn sie nur keine Angst mehr haben müsse, dass
du tot geschossen wirst oder andere Menschen tot schießen musst. Du willst
nicht gehen. Sie weint, sie fleht, sie bittet. Sie hat alles Entbehrliche auf
dem Schwarzmarkt verkauft. So hast du vielleicht eine kleine Chance, bis über
die Grenzen und auf ein Schiff zu kommen. Diese klitzekleine Chance, die doch
so viel größer ist als jene des Hierbleibens. Du willst nicht gehen. Du wirst
gehen. Weil du den Schmerz deiner Mutter nicht mehr aushalten kannst. Weil dein
Gehen ihre einzige Hoffnung in ihrem Leben sein wird. Ihre einzige Möglichkeit
zum Überleben ist diese Hoffnung. Weil sie ihr Kraft gibt. Sagt sie. Weil das
Wissen, dass du leben wirst, ihr Leben am Leben erhalten wird. Du willst nicht
gehen. Du wirst gehen. Es wird dir dein Herz brechen und deine Seele in tausend
Stücke zerreißen. Aber ihr Herz wird dadurch noch eine Weile schlagen können.
Du wirst gehen.
Wem nutzt es?
Mir geht Folgendes durch den Kopf: Die im Moment in den
Medien so vermehrt auftauchenden aggressiven besorgten BürgerInnen und oder
undauch Xenophoben/Rassisten werden, auch von mir ab und an, in die Ecke der
Dummköpfe und armen bildungsfernen Hascherls gedrückt. Das mag bei vielen auch
die passende Ecke sein. Trotzdem weiß ich doch, aus Lebenserfahrung und
Geschichtskenntnissen, dass auch sie ja nur wieder benutzt werden. Schon vor
zwanzig Jahren, als Internet noch nicht so ein Hype war, bewunderte ich z.B.
die Eloquenz in der rechten Szene im Umgang mit diesem Instrument. Das waren
keine Dummköpfe. Also, wer steht hinter der neuen rechten Szene bei uns?
Es besteht auch die Möglichkeit, dass wir dadurch, dass
wir sie in die Dummenecke stellen, das alles verharmlosen. "Dummen"
Menschen streichelt man über den Kopf, aber man nimmt ihnen mit dieser
Zuschreibung auch einen großen Teil der Verantwortlichkeit ab. ... ... Ich muss
nachdenken. Und wohl länger recherchieren.
Beharrlich sein
Verfolgt man die Kommentare in den sozialen Medien oder
in den Foren, so werden ja nicht mehr nur "die Flüchtlinge" verbal
stranguliert, aufgehängt, verbrannt, sondern die widerlichen Hasstiraden
richten sich mittlerweile auch gegen jede/jeden, der ein wenig Sachlichkeit in
die Diskurse bringen will. "Halt die Fresse!", "Dich kriegen wir
auch noch!" sind noch harmlose Beispiele. Viele ziehen sich deshalb schon
aus solchen Diskussionen zurück, denn verbale Gewalt ist eben auch Gewalt und
sie verunsichert und es ist nicht einfach, da gelassen mit umzugehen, wenn man
ansonsten eine andere Gesprächskultur gewöhnt ist. Das verstehe ich. Doch
Schweigen ist der falsche Weg. Für mich. Lasst euch nur nicht entmutigen! Die
Gegenstimmen müssen noch viel mehr und viel lauter werden. An jedem Ort. Nehmt
diesem widerlichen dummbraunen Gezocks das Gefühl, sie seien eine Mehrheit und
Volkes Stimme, indem du und du und du eben nicht den Mund haltet, sondern
lauter und lauter werdet. Seid beharrlich. Das wäre schön.
Besorgt
"Ich bin eine besorgte Bürgerin!"
"Ach, das ist ja jetzt in."
"Ich sorge mich um meine Heimat."
"Ach?!"
"Ja, ich mache mir Sorgen, dass diese braune Scheiße
sich in den Köpfen mancher meiner MitbürgerInnen noch vermehren wird.
"Aber, Frau Müller!
Dummheit
"Sie stehen
mit dem Kopf zur Wand und sehen nur Tapete."
Darf man Dummheit Dummheit nennen? Dummheit bedeutet in
meiner Welt, dass grundsätzlich die kognitiven Fähigkeiten und Möglichkeiten
vorhanden sind, diese jedoch nicht trainiert sind, bzw. aus welchen Gründen
auch immer, die Werkzeuge zur Benutzung und zum Ausbau dieser Fähigkeiten dem
einzelnen Individuum nicht zur Verfügung stehen. Weil er sie nicht hat, oder
weil er sie nicht haben will. "Nicht will", genau dieser Teil macht
jemand Dummes so gefährlich. Es sind keine armen Hascherls, sondern Menschen,
die könnten, wenn sie wollten.
„Könnten sie denn
wirklich können, wenn sie nur wollten?“
Ich denke schon, sie könnten, wenn sie denn wollten.
Warum denke ich das? Dummheit ist keine Frage der Intelligenz bzw. der
kognitiven Möglichkeiten. Und der andere Gedanke ist, dass kaum ein Mensch ohne
dieses Potential geboren wird. Aufgrund der individuellen Situation kann sich
Mensch jedoch, aus tausendundeinem Grund, in der Dummheit bequem einrichten.
Prävention sollte ganz früh ansetzen: WillkommenSein, Liebe, Aufmerksamkeit,
Respekt wären die Zutaten ganz an Anfang und müssten sich durchziehen ein Leben
lang. Das klingt ein bissl naiv, oder? Aber, wenn ich alle meine Erfahrungen
zusammenfasse, so unterm Strich, dann läuft es doch darauf hinaus. Das ändert
jedoch nichts daran, dass die schon heran gewachsenen Dummköpfe gefährlich sind
und in dieser Gefährlichkeit ernst zu nehmen sind und zur Verantwortung für ihr
Tun heran gezogen werden müssten.
So etwa: Ich kann verstehen, warum du so bist, wie du
bist, aber das entschuldigt nicht dein Tun, denn es gibt so viele Menschen, die
unter genau den gleichen beschissenen Umständen wie du groß geworden sind und
sie sind trotzdem offen, freundlich, liebevoll, selbst denkend, tolerant, etc.
Keine Entschuldigung. Kein Nachgeben. Klare Grenzen und klare Konsequenzen.
Willst du Hilfe zur Veränderung? Gerne.
Bilder
Kann man das Grauen auf Fotos ablichten, so dass es
jemand, der nicht betroffen ist, mitfühlend nachvollziehen kann? Vielleicht. Es
fehlen jedoch eine ganze Menge Sinneseindrücke, die in ihrem Zusammenspiel erst
den eigentlichen Horror ausmachen: Das Geräusch der Explosionen, die Schreie,
der rasselnde Atem des Kindes, der Geruch des Blutes, das Gefühl der Gedärme,
die du in den kleinen Körper zurück zu pressen versuchst, der sterbende Blick
in den Augen, dass dich alles überschwemmente Gefühl der absoluten
Machtlosigkeit. Nein, das kann man nicht mit einem Foto einfangen und nein, das
lässt sich auch nicht mit Szenen aus einem Film vergleichen. Vielleicht liegt
es daran, dass so viele Menschen nicht nachvollziehen können, was einen
Menschen dazu treibt sich auf das Wagnis Flucht einzulassen. Ein mir gut
bekannter Kriegsfotograf sagte mir einmal: „Wenn ich mir meine Fotos später
anschaue, dann kommen sie mir wie leblose Schablonen vor, die ich auf all meine
entsetzlichen inneren Bilder auflege. Sind es gute Fotos, dann nähern sie sich
dem Unaussprechlichen an, mehr nicht. Die Realität ist tausendfach schrecklicher.“
Trotzdem denke ich, dass solche Bilder wieder und wieder
gezeigt werden müssen. Warum? Damit das Grauen ein Gesicht bekommt. Damit es
den Menschen nicht so einfach gemacht wird, es zu verdrängen. Damit man später
nicht die Hände vor den Kopf schlagen und jammern kann "Ich habe das alles
nicht gewusst!“ Darum.
Schubladen
Wider das
Schubladengeschwafel. „Die Amerikaner, die Deutschen, die Griechen, die
Moslems, die Juden, die Christen“ das
schwappt ja gerade weltweit wieder wie eine Welle durch die Medien und durch
unseren Sprachgebrauch. Könnt Ihr bitte alle! damit aufhören, auf allen Seiten!
Solche Stereotypen sind Futter für Vorurteile, Fremdenfeindlichkeiten,
Rassismen. Sie verwischen in den Köpfen reale Machtverhältnisse und
verschleiern Klassenzugehörigkeiten. Einfacher: Ich habe mit einem Herrn
Albrecht oder einer Frau Maria Schaeffler weniger gemein als mit Frau Schmidt
an der Pennykasse und Herrn Alawi im Reinigungstrupp der DB. Mit allen vieren
teile ich mir meinen deutschen Pass. Daraus eine Verallgemeinerung über unser
gemeinsames „DeutschSein“, unsere kulturellen Werte/Normen, unsere
Lebensumstände, unseren Blick auf Welt und Menschen und unsere politische
Haltung zu machen ist mehr als hirnrissig. Die sind nämlich ganz und gar
unterschiedlich. Diese Unterschiedlichkeiten müssen sich auch in Sprache
ausdrücken, ansonsten ist es Propaganda, Hetze, dummes Geschwafel, die alles Mögliche
abbilden und befriedigen, nur mit den vielfältigen Realitäten und
Zugehörigkeiten nix, aber auch gar zu tun haben.
Kreise
"Sie haben es
heute aber mit den braunen Rattenfängern, Frau Müller!"
"Ja, es macht mir Angst. Haben Sie mal so einem Kerl
gegenüber gestanden? Drei Kopf größer, Alkoholfahne, kreischen die geballten
Fäuste in Ihre Richtung schüttelnd, den Oberkörper nach vorne gebeugt für den
nächsten Schritt in Ihre Richtung und alles in Ihnen registriert: Mit dem kann
man nicht mehr reden. Das sichere Gefühl, der nimmt Sie gar nicht mehr wahr und
es ist völlig egal, was Sie sagen oder tun werden, der will einfach nur
zuschlagen, fetzen, zutreten, tot schlagen?"
"Sie reden
aber gerade nicht über Gewalt in einer Beziehung?"
"Ja, genau da schließt sich der Kreis. Volle
Punktzahl!"
Stimmung
Und du glaubst wirklich, dass das nix macht mit den
Menschen, wenn das so einfach geschrieben und ausgesprochen werden darf? Es
verändert. Zuerst die Stimmung und dann
entsteht der Eindruck, dass es nichts Unrechtes sei, dass da viele seien, die so denken und dann
ist der Weg vom Reden zum Tun nur noch ein kleiner. Das ist nur ein
klitzekleiner Ausschnitt, hier und in den Foren der großen Medien geht es seit
Monaten so heiß zu und eine deutliche Steigerung ist für mich jeden Tag spürbar
-> http://perlen-aus-freital.tumblr.com/
Merkst du was
Du erklärst dann mal der KleinMadame in fünfzehn Jahren,
dass du von dieser braunen Gewalt im Lande so gar nichts gewusst hast.
Was mich so zornig macht: Wieso verstehst du nicht, dass
es im Grunde doch gar nicht um die "Flüchtlinge" oder die "Ausländer"
geht, sondern darum, irgendjemand, aus irgend einem willkürlichen Grunde
auszugrenzen und zum AblassObjekt all der eigenen Minderwertigkeitskomplexe und
dem eigenen Elend zu degradieren und alle innere Wut und Aggression darauf zu
fokussieren. Wenn es nicht die Fremden sind, dann sind es die Rothaarigen, die
Dicken, die Dünnen, die Grünäugigen, die mit den schiefen Fußzehen ... einfach
die, denen man ein Merkmal des AndersSeins aufdrücken kann. Vielleicht gehörst
du morgen dazu.
Ich versuch es nochmal anders: Glaubst du ernsthaft, dass
sich grundsätzlich an der Aggression und der Gewaltbereitschaft in der braunen
Szene und bei deren Mitläufer irgendetwas verändern würde, wenn von jetzt auf
gleich keine "Ausländer" mehr im Lande wären? Eben. Es würde sich gar
nix verändern, sie würde sich einfach einen neuen, schwachen Schuldigen ohne
große Lobby suchen um ihrem eigenen Elend nicht ins Gesicht sehen zu müssen.
Denn darum geht es doch: Im Leben dieser Menschen ist etwas völlig schief
gelaufen. Sie sind so voller Wut und Hass auf sich und ihr Leben, und so voller
Feigheit und Angst, es sich anzusehen, dass sie all das nach außen projizieren
müssen. Sicher, du könntest jetzt sagen, dass es ihnen aber wirklich auch nicht
gut geht: Arbeitslosigkeit, niedrige Löhne, teure Mieten, Mobbing, beschissenes
Gesundheitssystem, verarscht von Amt, Behörde und Politikerkaste, etc., etc.
Alles richtig! Nur, Schuld daran hat ja nun nicht gerade der Flüchtling oder
der Ausländer, denn wieder gilt, wenn die jetzt alle weg wären, dann würde sich
doch an den eben genannten Situationen nichts ändern, oder? Merkst du was? Wer
könnte denn nun wohl ein Interesse daran haben, dass diese Menschen ihre Wut
und ihren Frust an den Fremden auslassen? Na, wer wohl? Eben!
Kennenlernen
Wir könnten aus unseren Erfahrungen und auch (ja,
kreischt jetzt nicht) aus wissenschaftlichen Erkenntnissen lernen: Sobald der
Fremde ein Bekannter wird, verändern sich in deiner Wahrnehmung die negativ
verallgemeinerten Zuschreibungen. Die dunklen irrealen Projektionen werden
ersetzt durch konkrete gemeinsame Erfahrungen und siehe da, Schwupps, steht
anstatt ein dubioser Fremder auf einmal ein anfassbar unperfekter Mensch vor
dir, an dem du dies und jenes magst und dies und das so gar nicht leiden
kannst. Eine völlig andere Situation, denn das kann man, auch du,
kommunizieren. Bedeutet: Geht doch hin, redet miteinander, macht was
miteinander und dann sehen wir mal weiter.
Geschlechter
„Was fällt Ihnen zu Frauke Petry, AFD, ein, Frau Müller?“
„In meiner Generationen gab es mal den ideologischen
Irrläufer, dass Frauen per se die besseren Menschen seien. Ich konnte dem nie
folgen, denn ich hatte schon sehr früh die hässlichen Fratzen der KZ-Wächterinnen
im Kopf. Von den ganzen KopfAbSchreienden Königinnen ganz zu schweigen.
Dummheit, Rassismus, Machtgeilheit, Gewalt, Hass und menschenrechtverachtende Gier hatten und
haben in meiner Welt kein Geschlecht.“
Fanatismus
"Kapier es endlich: Die Sprache jedweder Fanatiker
gleicht sich, wie ein Ei dem anderen. Auch die Wertehaltung, das Menschenbild,
die Sicht auf Welt, Haltung gegenüber und Umgang mit Andersdenkenden und das
hirnlos aggressive Nachplappern von Sprüchen unter der Gürtellinie zur
emotionalen Entlastung der eigenen seelischen Abgründe und Leeren, die dünne
Schicht zur aktiven Gewaltbereitschaft - da gibt es unterm Strich keine großen
Unterschiede. Glaubst du nicht? Dann lies mal in den sozialen Netzwerken oder
bei den Medien die Leserkommentare zu x-beliebigen Themen mit emotionalem
Touchpotential. Es gruselt mich."
Werte
"Wir verteidigen hier die Werte des
Abendlandes!"
"Ach ja. Welche Werte sind das denn?"
"Na, die christlichen Werte!"
"Ach. Wie schön. Dann waren Sie auch jedes Mal auf
der Straße, wenn Vertreter dieser Werte kleine Jungs missbraucht haben? Und als
die ersten Unterkünfte für Flüchtlinge brannten? Und Obdachlose totgeschlagen
wurden?"
"Sie nehmen mich ja gar nicht ernst!"
"Oh, ich nehme Sie sehr ernst, verdammt ernst."
Raus
“Das zeigt”, erklärte AfD-Sprecher Konrad Adam, “dass es
keiner Masseneinwanderung bedarf, um Menschen in Gefahr zu bringen. Ein
Einzelner genügt”.
"Ja, das sehe ich auch so: Schmeißt sie alle raus,
die da ihre Partner und Kinder schlagen und missbrauchen; schmeißt alle raus,
die sich an Kinderpornografie ergötzen; schmeißt alle raus, die meinen mit Hass
und Gewalt könne man Probleme lösen; schmeißt alle Rassisten, Fanatiker und Brandstifter
raus; jagt sie weg, die billigend in Kauf nehmen, dass an ihren billigen
Klamotten Kinderblut klebt; schmeißt sie raus, die in FlatRatePuffs die
Menschenwürde in Grund und Boden ficken; schmeißt sie raus, die sich selber
selbst nur am nächsten sind. Schmeißt die raus, die die Opfer von Fanatismus,
Machtkämpfe, Krieg und Vertreibung zu den neuen Tätern hoch stilisieren;
Schmeißt alle raus, die Menschen- und Kinderrechte mit Füßen treten. Jagt sie
fort, die die Werte von Menschlichkeit und Menschenwürde permanent missachten!
Raus damit! Sie sind, jeder einzelne, eine Gefahr für ihre Mitmenschen!"
"Ähm, Frau
Müller, Sie haben die missverstanden. Die, die Sie meinen, meinen die nicht
damit. Die meinen doch nicht sich selbst, Sie Dummerchen, Sie. Es würde sich ja
ganz schön leeren hier."
"Upps. Dann bräuchten wir womöglich mehr
Einwanderung.“
„Stimmt."
Verarschung
Worum geht es dir und dir und dir da auf den Demos denn
wirklich? Du fühlst dich bedroht? Du
fühlst dich nicht wahrgenommen? Du fürchtest dich vor deiner Zukunft, vor
Arbeitslosigkeit, vor Hartz IV, vor Krieg und Gewalt? Du hast Angst um deine
Kinder? Du fühlst dich von den Politikern verarscht? Du fühlst dich ausgenutzt,
betrogen und belogen? Bingo! Da hast du
viel gemeinsam mit sehr vielen Menschen in Deutschland und zwar völlig egal
welcher Herkunft und welcher Hautfarbe, welcher Religionszugehörigkeit und
welchem Geschlecht auch immer zugehörig.
Du fällst nämlich auf die größte Verarsche überhaupt rein: Dein Feind
steht nicht neben dir, geht nicht mit deinen Kindern in die Schule, wohnt nicht
in deiner Nachbarschaft. Er sitzt auch nicht auf den Ämtern oder in den Polizeibehörden. Das sind alles nur
genauso arme Hascherls wie du. Ihr lasst euch auseinander dividieren,
entsolidarisieren und aufeinander hetzen. Denn die, die von all dem Hände
reibend profitieren, die stehen nicht neben dir auf den Demos. Die sitzen in
ihren Palästen, in ihren Penthouses, auf ihren Jachten und lassen es sich gut
gehen. Für die bist du nur Dreck, Stimmvieh, Produktionsfaktor und dummes
Geschmeiss, das man hin und wieder gut gebrauchen und funktionalisieren kann
für die eigenen Interessen. Die wissen nichts, aber auch gar nichts von deinem
Leben, deinen Sorgen, deinen Träumen, deinen Ängsten, deinen Wünschen. Und
hätten sie auch nur einen Funken von Ahnung davon, so ginge es ihnen doch am
Arsch vorbei. Du gehörst nicht zu ihrer Welt und daran wird sich auch nichts
ändern.
Anmerkung
Damit kein
Missverständnis entsteht: Rassisten/Xenophobe jedweder Couleur können keine
Freunde/Bündnispartner sein, selbst wenn es anscheinend Schnittmengen in
manchen Punkten geben könnte. Denn diese Schnittpunkte sind nur marginal
und/oder zum Teil aufgesetzt aus taktischen Gründen dererseits. Unsere Sicht
von Welt und Menschen ist dermaßen grundverschieden und damit generell
unvereinbar.
Taktik
"Wäre ich die Regierung und vor allem die
eigentlichen Machtbesitzer und würde feststellen, dass auch und gerade durch
die neuen Medien, die Menschen besser informiert sind und sich besser
untereinander austauschen könnten und immer mehr Details über mein Machtgefüge
und all die Verbandlungen ans Licht kämen und dadurch deren Wut sich steigern
würde, ich glaube, ich würde sowas wie die Salafisten erfinden. Gib dem Köter
ne Katze, die er hassen und jagen kann, dann ist er beschäftigt und lässt mich
in Ruhe."
"Ähm, Frau
Müller, genau das funktioniert doch schon immer so. Denken Sie nur an die
Kreuzzüge, etc., etc. Gib dem leidenden,
verzweifelt verwirrten und darob zurecht wütenden Menschen ein neues Feindbild,
das klar und einfach strukturiert ist und an innere Ängste und Vorurteile
andocken kann und schon rennen, schreien, kämpfen sie und vergessen, wer ihr
eigentlicher Feind ist."
"Das ist doch widerlich!"
"Nein, Frau
Müller, das ist Taktik und Machterhalt."
"Und alle fallen drauf rein, Wieder und immer
wieder." *heul
Lieber Freund,
wir sind in vielen Dingen einer Meinung
gewesen und in manchen Dingen haben wir uns gefetzt bis aufs Blut. Das hat
unserer Freundschaft jedoch nie einen Abbruch getan und die gemeinsam
verbrachten Abende bei einem Gläschen Wein und gutem Essen habe ich stets
genossen. Doch nun sehe ich dich auf der Straße meine Schwester angreifen,
jene, die so oft mit uns gemeinsam am Tisch saß und mit der du lachend und tief
ernst über Religionen und deren Sinn und Irrsinn dich strittest und die du doch
beim Abschied liebevoll in den Arm nahmst. Mit Hass verzehrtem Gesicht
schleuderst du ihr nun öffentlich ein „Jude, Jude ...“ entgegen. Sag mal, ham
sie dir ins Gehirn geschissen? Wie kannst du erwarten, dass ich dich noch
heiter und gelassen in meine Arme schließen werde. Auch ich habe Grenzen und
die hast du gerade (Für was eigentlich? Wie hoch war dein Preis?) einfach ohne
Sinn und Verstand überrollt. Die Mauern schließen sich jedoch. Ich werde so
einen Mist in meinem Umfeld und überhaupt nicht dulden, niemals. Lieber Freund,
ich wünsche dir alles Gute auf deiner Reise in ein Land, in das ich dir nicht
folgen will und kann.
Relativierung? Nein, danke!
Ich könnte gerade kotzen über diese ganzen neuen
Relativierungen: Da wird der deutsche Rassist/Antisemit/Menschenverächter auf
einmal salonfähiger, weil plötzlich (?) der dunkelhaarige islamistische Rassist/Antisemit/Menschenverächter
in die Öffentlichkeit tritt? Habt Ihr sie noch alle? Die schenken sich doch
nichts in ihrer Menschenverachtung. Denn diese geht quer durch alle Länder und
Bevölkerungsschichten und da gibt es nix zu relativieren. Kurzfassung: Wenn du
es für mich durch dein Verhalten und deine Grundeinstellung bist, dann bleibst
du für mich ein Arschloch, egal, ob du aus diesem oder jenem Land kommst, ob du
Turban trägst oder Springerstiefel, in nem Kaftan oder in Designerklamotten
durch die Welt eierst. Egal, zu welchem Gott oder Führer oder Symbol du betest,
egal mit welcher Weltanschauung du dich gerade schmückst, deine Meinung und
deine Haltung ist nicht salonfähig, wenn du über Leichen gehst und wenn du dich
erhöhst indem du andere durch den Dreck schleifst. Ich werde sie niemals
dulden. *andenkoppklatsch
Mut?
"Man muss mutig sein, wenn man der/die sein will
der/die man ist. Das ist eigentlich das Schrecklichste, was ich später aus
diesem Leben mitnehmen werde."
"Frau Müller, da Sie ja nicht vorhaben uns in den
nächsten Tagen zu verlassen, könnten Sie doch etwas hoffnungsvoller
klingen!"
"Ja, könnte ich. Doch wenn ich mich so umschaue und
mich an das letzte halbe Jahrhundert erinnere, dann, ja dann schwebt mein
Optimismus zumindest nicht mehr so leicht wie ein Blumenflöckchen vor mir her.
Und es betrifft ja nicht nur die Homosexualität, es tangiert doch mittlerweile
wieder fast alle anderen Lebensbereiche. Du bist anders; du bist nicht wie wir;
du bist nicht so, wie wir dich haben und gebrauchen wollen. Du bist dies und
das und jenes und vor und in allem eben nicht richtig. Das greift doch weltweit
wieder um sich wie ein viraler Infekt. Und alle Schubladen verwischen sich doch
an diesem Punkte und bilden eine gemeinsame Lade. Egal ob links, rechts, oben,
unten. In diesem Punkte sind sie sich einig: Du passt nicht rein in unsere
hübsch kuschelige Kommode."
Abonnieren
Posts (Atom)