Kann man das Grauen auf Fotos ablichten, so dass es
jemand, der nicht betroffen ist, mitfühlend nachvollziehen kann? Vielleicht. Es
fehlen jedoch eine ganze Menge Sinneseindrücke, die in ihrem Zusammenspiel erst
den eigentlichen Horror ausmachen: Das Geräusch der Explosionen, die Schreie,
der rasselnde Atem des Kindes, der Geruch des Blutes, das Gefühl der Gedärme,
die du in den kleinen Körper zurück zu pressen versuchst, der sterbende Blick
in den Augen, dass dich alles überschwemmente Gefühl der absoluten
Machtlosigkeit. Nein, das kann man nicht mit einem Foto einfangen und nein, das
lässt sich auch nicht mit Szenen aus einem Film vergleichen. Vielleicht liegt
es daran, dass so viele Menschen nicht nachvollziehen können, was einen
Menschen dazu treibt sich auf das Wagnis Flucht einzulassen. Ein mir gut
bekannter Kriegsfotograf sagte mir einmal: „Wenn ich mir meine Fotos später
anschaue, dann kommen sie mir wie leblose Schablonen vor, die ich auf all meine
entsetzlichen inneren Bilder auflege. Sind es gute Fotos, dann nähern sie sich
dem Unaussprechlichen an, mehr nicht. Die Realität ist tausendfach schrecklicher.“
Trotzdem denke ich, dass solche Bilder wieder und wieder
gezeigt werden müssen. Warum? Damit das Grauen ein Gesicht bekommt. Damit es
den Menschen nicht so einfach gemacht wird, es zu verdrängen. Damit man später
nicht die Hände vor den Kopf schlagen und jammern kann "Ich habe das alles
nicht gewusst!“ Darum.
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