Ich glaube, die Mehrheit der AfDler kennt das Gesetz und
seine aktuellen Ausführungsbestimmungen überhaupt nicht. Es ist nur ein
Aufhänger, weil man damit an Vorurteile und Stereotypen in Teilen der
Bevölkerungen andocken kann. Gäbe es keine Flüchtlinge, dann wäre es etwas
anderes. Homosexuelle, oder Gleichberechtigung, oder xyz. Sie würden etwas
finden, bei dem man an imaginierte Ängste und Abwehrhaltungen andocken könnte.
Aufgrund der internationalen Lage sind es in diesen Tagen eben die Flüchtlinge
und der Islam. Letztendlich geht es ihnen aber nicht darum. Mir erscheint es
wichtig, genau das zu verstehen. Die Meinungsmacher in der AfD, die haben das
sehr wohl verstanden und arbeiten (recht geschickt, kann man ihnen nicht
absprechen) damit.
Gauland. Mal wieder.
Nach den jüngsten Anschlägen will Alexander Gauland,
Vize-Chef der AfD, das Asylrecht für Muslime aussetzen. „Wir können es uns aus Sicherheitsgründen nicht mehr leisten, noch mehr
Muslime unkontrolliert nach Deutschland einwandern zu lassen“, erklärte der
stellvertretende AfD-Vorsitzende am Mittwoch. Deshalb müsse „das Asylrecht für
Muslime umgehend ausgesetzt werden, bis alle Asylbewerber, die sich in
Deutschland aufhalten, registriert, kontrolliert und deren Anträge bearbeitet
sind“.
Entschuldigt, aber dem hat man einfach in den Kopf geschißen.
(das war jetzt eine spontanemotionale Reaktion).
Man könnte jetzt allerdings einen Vortrag darüber halten,
dass es die "Muslime" nicht gibt, so wie es auch die
"Christen" nicht gibt. Man könnte erklärten, dass manche Muslime
sogar aufgrund der Zugehörigkeit zu ihrem speziellen Glauben bei uns ein Recht
auf Asyl haben, weil Verfolgung aus religiösen Gründen ein eindeutiger
Asylgrund ist. Man könnte ihm erklären, dass Sippenhaftung nicht mit unseren
Gesetzen vereinbar ist. Man könnte auch noch erwähnen, dass das Asylrecht
beinhaltet, dass jeder Fall als Einzelfall behandelt werden muss und dass sich
die Gesetzgeber dabei etwas Grundlegendes gedacht haben. Man könnte ihm
Verarschung seiner Klientel vorwerfen, weil er lügt wie gedruckt und man könnte
ihn der reinen Menschenrechtsverachtung beschuldigen. All das könnte man. Aber
letztendlich ist er, und damit meine ich explizit ihn, die ganze Mühe nicht
wert. Denn er weiß das alles. Das macht es so besonders ekelhaft und absolut
widerlich. Ich verachte ihn. Pfui Deibel.
Passt auf. Jetzt kommt es: Das was uns in unserer
gegenseitigen Verachtung grundlegend unterscheidet, ist, dass ich mich trotz allem
immer dafür einsetzen würde, dass er nach geltendem Recht und Gesetz behandelt
wird und handeln darf. Denn bürgerliche Rechte und die Menschenrechte sind
unteilbar und nicht verhandelbar. Das gilt auch für so einen verachtenswerten
Widerling wie ihn.
Diktatur oder Demokratie?
Anmerkung an all diejenigen, die meinen, mir den Kopf voll schwafeln zu müssen von wegen wir hätten hier in Deutschland eine Diktatur: Ich war in Griechenland zur Zeit der Diktatur; ich habe im Iran gelebt, als die Pasdaran noch ausschließlich die Straßen beherrschten; ich war in der Türkei, als die Kurdenverfolgung einen ihrer Höhepunkte hatte; ich war in Portugal und Spanien und ich habe damals die Überlebenden aus Chile kennengelernt … und, und, und. Erzählt mir also nix über Diktatur. Ihr habt nicht mal einen Hauch von Ahnung, was das wirklich bedeutet. Ihr könnt es euch in euren schlimmsten Albträumen nicht mal im Ansatz vorstellen.
Ja, es läuft eine Menge schief und quer in diesem, meinem Land, eine ganze Menge, aber! von einer Diktatur sind wir meilenmeilenweit entfernt. Und weil das so ist, kommt mir doch der schräge Gedanke, dass ihr, die ihr so widerwärtig und sinnentleert schreit und hetzt, euch ganz tief innerlich sehnt nach einem verklärten Etwas, das, würde es denn hier um euch drum herum existieren, euch von jetzt auf gleich den Boden unter den Füßen und jedwede Existenzgrundlage entziehen würde. Ihr wäret die ersten, die in einer Diktatur elendig verrecken würdet. Oder, oder ihr würdet zu besinnungslosen Handreichern und Speichelleckern der diktatorischen Gewalt und des Staatsterrorismus werden. Aber auch das würde ja bedeuten, dass ihr innerlich schon längst tot wäret.
Also, lasst es einfach sein mit eurem Gehetze und eurem irrealen Gejammer. Und wenn ihr, aus welchen pathologischen Gründen auch immer, damit nicht aufhören könnt, seid wenigstens ein klein wenig dankbar dafür, dass ihr in einem Land lebt, in dem ihr euren Hass und Wahn ohne gravierende Folgen für Leib und Seele laut hinaus rotzen dürft. Mein Land hält dies, wenn auch völlig abgenervt, aus und ich letztendlich auch. Weil wir eben nicht in einer Diktatur leben.
München, und...
Hass und Dummheit - Verzweiflung und Hass ... ... und
mittendrin die geifernde Journaille.
Unsäglich.
Wörtersuche.
Was könnte ich schreiben nach so einer Nacht? Was ist da in
mir, was ich noch sagen könnte? Nichts anderes als zu all dem Schrecken vorher:
Mitgefühl, Traurigkeit, Zorn, gemischt mit dem Gefühl der Hilflosigkeit und der
zeitweisen Entmutigung.
In der Nacht erinnerte ich mich an die endlosen Diskussionen
in den Schulen über die Gefährlichkeit von Computerspielen. Dass sie die jungen
Menschen gewalttätiger machen und Hemmschwellen herabsetzen würden. Nun, ich
dachte schon damals, und denke es auch noch heute, dass die Realitäten, mit
denen wir junge Menschen tagtäglich konfrontieren, doch viel gefährlicher
seien. Was macht es mit einem jungen Menschen, wenn er im Netz und in den
Medien quasi per Liveschaltung das Gemetzel an Kindern und das elendige Morden
und Sterben rund um den Erdball mitansehen kann. Was macht es mit ihm, wenn er
all das Elend und Leid und all die Ungerechtigkeiten tagtäglich hautnah
serviert bekommt? Er quasi dabei zusehen kann, wie wider besseren Wissens die
Umwelt für kurzfristige Gewinnspannen zerstört und Menschenträume eiskalt
vernichtet werden? Was macht es mit ihm, wenn er all die sich steigernden
Hasstiraden mitliest? Und dann daneben die verlogene, sich wohlanständig
gebende Saturiertheit der MitbürgerInnen und das für ihn nicht mehr
durchschaubare Gehampel und Gebaren der Politikerkaste erlebt. Was macht all
dies und mehr mit einem jungen Menschen? Macht es etwas mit ihm?
Ja, es macht etwas mit ihm oder ihr. Denn es macht ja auch
etwas mit mir. Im Unterschied zu vielen jungen Leuten verfüge ich jedoch mit
meinen sechzig Jahren über genügend Lebenserfahrung, innere Muster und
Handwerkzeuge, über gewachsene und integrierte Wertvorstellungen, eine
mäßigende Gelassenheit und genügend innere Stabilität um damit einigermaßen
angemessen umgehen zu können. Ich kann, wenn auch manchmal mit einiger
Anstrengung, meine Emotionen regulieren, Fakten von Propaganda unterscheiden,
mich distanzieren und abgrenzen… und, und, und. Sie können dies alles doch noch
gar nicht können.
Als ich Ende der neunziger Jahren an Schulen und in
Schulprojekten in sozialen Brennpunkten mit Jugendlichen arbeitete, machte ich
mich bei Trägern und Mitarbeitern schon unbeliebt, wenn ich aus den
Einzelgesprächen oder aus den Familien zurück kam und die Frage in den Raum warf:
"Warum brennen eigentlich unsere Städte noch nicht?" Der Widerspruch
zwischen der Lebensrealität dieser jungen Menschen und den schönredenden,
jedoch irrealen Ansprüchen der damaligen Förderprogramme schrie quasi nach
Irrsinn und Wahn.
Ach, alles nur Worte, Worte, Worte.
Das ändert ja nun doch alles nichts an der Tragik und dem
Schrecken solcher Taten wie in Würzburg oder München oder in… und in… und in… .
Und so sitz ich da und weine und suche in mir dieses Fünkchen Hoffnung.
Verdammt, ich weiß, dass es da ist, da sein muss. Ich bin doch alt genug um zu
wissen, dass es immer da ist, niemals erlischt. Ich suche.
München...
Die ersten Meldungen über München waren noch nicht raus gestern und schon explodierten das Netz und die Kommentare in den Medien vor Hassgeschrei und kruden Schuldzuweisungen. Basierend auf? Nichts! Die Faktenlage war bis in den frühen Morgenstunden mäßig und wird wohl erst im Laufe der nächsten Stunden und in den kommenden Tagen stabiler werden.
Ich bin mir so sicher, dass genau dieser Hass und dieses gedankenlos Schuld zuweisende Schubladengeplärre, seien sie psychologisch auch noch so gut erklärbar, mit ein wesentliches Düngemittel für all diesen explodierenden Wahnsinn sind.
Lasst euch nicht in diese immer schneller kreiselnde Spirale der Gewalt hineinziehen, denn sie ist Teil des Problems und nicht der Lösung.
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