Hass und Dummheit - Verzweiflung und Hass ... ... und
mittendrin die geifernde Journaille.
Unsäglich.
Wörtersuche.
Was könnte ich schreiben nach so einer Nacht? Was ist da in
mir, was ich noch sagen könnte? Nichts anderes als zu all dem Schrecken vorher:
Mitgefühl, Traurigkeit, Zorn, gemischt mit dem Gefühl der Hilflosigkeit und der
zeitweisen Entmutigung.
In der Nacht erinnerte ich mich an die endlosen Diskussionen
in den Schulen über die Gefährlichkeit von Computerspielen. Dass sie die jungen
Menschen gewalttätiger machen und Hemmschwellen herabsetzen würden. Nun, ich
dachte schon damals, und denke es auch noch heute, dass die Realitäten, mit
denen wir junge Menschen tagtäglich konfrontieren, doch viel gefährlicher
seien. Was macht es mit einem jungen Menschen, wenn er im Netz und in den
Medien quasi per Liveschaltung das Gemetzel an Kindern und das elendige Morden
und Sterben rund um den Erdball mitansehen kann. Was macht es mit ihm, wenn er
all das Elend und Leid und all die Ungerechtigkeiten tagtäglich hautnah
serviert bekommt? Er quasi dabei zusehen kann, wie wider besseren Wissens die
Umwelt für kurzfristige Gewinnspannen zerstört und Menschenträume eiskalt
vernichtet werden? Was macht es mit ihm, wenn er all die sich steigernden
Hasstiraden mitliest? Und dann daneben die verlogene, sich wohlanständig
gebende Saturiertheit der MitbürgerInnen und das für ihn nicht mehr
durchschaubare Gehampel und Gebaren der Politikerkaste erlebt. Was macht all
dies und mehr mit einem jungen Menschen? Macht es etwas mit ihm?
Ja, es macht etwas mit ihm oder ihr. Denn es macht ja auch
etwas mit mir. Im Unterschied zu vielen jungen Leuten verfüge ich jedoch mit
meinen sechzig Jahren über genügend Lebenserfahrung, innere Muster und
Handwerkzeuge, über gewachsene und integrierte Wertvorstellungen, eine
mäßigende Gelassenheit und genügend innere Stabilität um damit einigermaßen
angemessen umgehen zu können. Ich kann, wenn auch manchmal mit einiger
Anstrengung, meine Emotionen regulieren, Fakten von Propaganda unterscheiden,
mich distanzieren und abgrenzen… und, und, und. Sie können dies alles doch noch
gar nicht können.
Als ich Ende der neunziger Jahren an Schulen und in
Schulprojekten in sozialen Brennpunkten mit Jugendlichen arbeitete, machte ich
mich bei Trägern und Mitarbeitern schon unbeliebt, wenn ich aus den
Einzelgesprächen oder aus den Familien zurück kam und die Frage in den Raum warf:
"Warum brennen eigentlich unsere Städte noch nicht?" Der Widerspruch
zwischen der Lebensrealität dieser jungen Menschen und den schönredenden,
jedoch irrealen Ansprüchen der damaligen Förderprogramme schrie quasi nach
Irrsinn und Wahn.
Ach, alles nur Worte, Worte, Worte.
Das ändert ja nun doch alles nichts an der Tragik und dem
Schrecken solcher Taten wie in Würzburg oder München oder in… und in… und in… .
Und so sitz ich da und weine und suche in mir dieses Fünkchen Hoffnung.
Verdammt, ich weiß, dass es da ist, da sein muss. Ich bin doch alt genug um zu
wissen, dass es immer da ist, niemals erlischt. Ich suche.
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